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Europa

Ivan Krastev zu Europa, Corona und die Folgen

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlMittwoch, 01.07.2020

Wenn Ivan Krastev sich zu Europa äußert, sollte man hinhören. Nicht nur weil er als Bulgare den osteuropäischen Blick, das Verstehen dieser Region verstärkt. Gerade in der post-pandemischen Corona-Situation.

Die Gefahr besteht darin, dass die EU an einer ähnlichen Lähmung scheitert wie das Römische Reich in seiner Spätphase. Wir erleben einen entscheidenden Moment für die EU: Entweder sie funktioniert – oder sie zerbricht.

Aber er ist nicht nur pessimistisch. Das Paradox sei, dass Corona zunächst die Europäer in ihrer Loyalität zu den Nationalstaaten gestärkt hat. Die schnellen Reaktionen waren (notwendig?) national, darunter auch die Grenzschließungen. In dieser Anfangsphase der Pandemie existierte in keinem der EU-Staaten eine Mehrheit in der Bevölkerung, die der Europäischen Union eine entscheidende Funktion zuschrieb. Allerdings zeigte sich auch, das durch die globale Arbeitsteilung der reine Nationalismus nicht mehr funktioniert. Und das Agieren der USA (die ihr Coronaproblem nicht in den Griff bekommen) und Chinas (das zunehmend aggressiver auftritt) zeigen, dass Europa mehr denn je die Kooperation zwischen seinen Mitgliedsstaaten braucht.

Krastev warnt gleichzeitig explizit davor, nun so etwas wie die Vereinigten Staaten Europas als Ziel zu setzen:

Nein. Mit dem Merkel-Macron-Plan würde zwar mehr ökonomische Macht auf EU-Ebene gebündelt. Aber man sollte jetzt nicht eine neue Stufe zur Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa ausrufen. Das entspricht nicht der Sichtweise der Wähler. Es geht den Wählern um etwas anderes: Die Leute sind der Ansicht, dass die EU nicht unbedingt deshalb gestärkt werden muss, weil die EU besser funktioniert als ihre Nationalstaaten – sondern weil die Nationalstaaten zu schwach sind, wenn sie nur auf sich selbst gestellt sind.

Trotzdem meint er, dass Deutschland eine neue Wette auf einen Umbau der EU eingeht. Vor allem dadurch, das es erstmals direkt einer gewissen Vergemeinschaftung von Schulden in der EU zustimmt. Auch wenn man dem kritisch gegenübersteht, dies ist sicher eine neue Qualität. Interessant ein Aspekt, nachdem 

dass das klassische Links-Rechts-Schema in der Politik weniger wichtig wird und Fragen, welche unterschiedliche Generationen unterschiedlich betreffen, stärker in den Vordergrund rücken.

Nicht nur die Union wird also laut Krastev zur Bundestagswahl im kommenden Jahr gut beraten sein, eine breitere Brücke zur jüngeren Generation zu schlagen.

Auch die Angst davor, dass sich durch die Pandemie der Vormarsch der extremeren Nationalisten beschleunigt, hält er für übertrieben:

Die Menschen hatten vor allem Angst um ihre Gesundheit und die ihrer Angehörigen, wollten nicht, dass diese oder sie selbst sterben. Sie fanden die Grenzschließungen nur gut, weil sie ihnen Schutz vor Covid-19 versprachen. Deshalb waren nicht die Rechtspopulisten, sondern die Regierungen die größten Gewinner der ersten Phase der Krise. 

Ob das auch in der aufziehenden Wirtschaftskrise so bleibt, werden wir sehen.

Jetzt haben die Leute nicht mehr Angst vor dem Sterben, sondern Angst vor dem Sterben ihrer Unternehmen. ..... Die Menschen mögen keine radikalen Lösungen.

So wünscht sich eine überwältigende Mehrheit der Europäer mehr Kooperation auf EU-Ebene. Die Bürger sorgen sich um Europas Position in der Welt.

Aber die Gesetzgeber in Brüssel sollten diese Unterstützung für die EU nicht missverstehen: Es ist kein Auftrag für den weiteren Ausbau von Institutionen. Das könnte nach hinten losgehen. Noch etwas: Nur in zwei europäischen Ländern, nämlich in Deutschland und in Frankreich, ist eine Mehrheit bereit, einen höheren Preis zu bezahlen als andere Länder, damit Europa weiter funktioniert.

Auf die Frage, ob die Arbeits- und Lebensbedingungen von bulgarischen und rumänischen Arbeitern Auswirkungen auf das Verhältnis von Ost- und Westeuropa haben, antwortet er gelassen:

Ich habe in bulgarischen Medien keinen Ärger über die Vorkommnisse in der Fleischfabrik wahrgenommen. Europa hat in der Krise gelernt, wie sehr manche Wirtschaftszweige in Westeuropa und Deutschland abhängig sind von Arbeitern aus Ost- oder Südosteuropa. Wenn Sie an die niedrigen Löhne bei uns denken, verstehen Sie, dass ein Arbeitsplatz in Westeuropa für unsere Arbeiter einen sozialen Aufstieg bedeutet.

Viel kritischer sieht er die Arbeitsmigration etwa im Bereich des Gesundheitspersonals. Die hohen Löhne in den westlichen Ländern dünnen die osteuropäischen Gesundheitssysteme gefährlich aus.

Ivan Krastev zu Europa, Corona und die Folgen

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