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Europa

Was macht das neue britische Gesetz mit dem EU-Austrittsabkommen?

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

Zum Kurator'innen-Profil
Silke JägerFreitag, 11.09.2020

Das hat gesessen! Die Regierung Johnson entwirft ein Gesetz, das Teile des EU-Austrittsvertrags unterläuft: das britische Binnenmarkt-Gesetz. Der Nord-Irland-Minister im britischen Kabinett gibt es im Parlament offen zu: "Dieses Gesetz setzt sehr begrenzt und spezifisch Teile des Austrittsabkommens außer Kraft." Die meisten Medien berichten ebenfalls in dieser Weise. Das Schlüsselwort ist begrenzt.

Doch wenn man sich das Ganze genau ansieht, muss man feststellen: So spezifisch und begrenzt wie gern dargestellt wird, wirkt dieses Gesetz gar nicht. Denn es zielt direkt auf Artikel 10 des Irland-Protokolls ab, das ein wichtiger Teil des Austrittsvertrags ist. Und in Artikel 10 wird definiert, dass manche Regelungen, die auf die besondere Situation in Nordirland ausgerichtet sind, für ganz Großbritannien gelten. Nämlich die, die den Binnenmarkt schützen. Dazu gehören nicht nur die vier Pfeiler - freier Verkehr von Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital -, sondern weitere Instrumente wie Wettbewerbsgesetze, öffentliches Auftragswesen und staatliche Hilfen für Unternehmen.

Bei den Verhandlungen über die zukünftigen Handelsbeziehungen gab es zuletzt ziemlich viel Streit über den letzten Punkt, die staatlichen Hilfen. Denn da möchte Großbritannien möglichst freie Hand haben, um die eigenen Unternehmen im Weltmarkt besser unterstützen zu können. Doch genau das passt nicht zu dem, was die EU mit ihren Mitgliedsstaaten vereinbart hat. Wer vom Binnenmarkt profitieren will, muss möglichst gleiche Ausgangsvoraussetzungen für den Handel schaffen. Und wenn Großbritannien das will, muss es sich diesen Instrumenten verpflichten. Ein Dilemma für "Global Britain".

In diesem gut 10-minütigen Video erklärt David Allen Green von der Financial Times, warum das britische Binnenmarkt-Gesetz nicht nur begrenzt und spezifisch den Austrittsvertrag außer Kraft setzt, was der Schachzug aus London für die EU bedeutet und was innenpolitisch. Er sagt, der Präzedenzfall bei diesem Gesetzesentwurf liegt nicht nur darin, dass eine Regierung ihre selbst ausgehandelten Verträge bricht, sondern dass sie gänzlich das Rechtsstaatsprinzip infrage stellt. Dadurch wird nicht nur Vertrauen in den Verhandlungen zerstört, sondern das sendet auch ein Signal an alle, die sich verhalten, als stünden sie über dem Gesetz.

Dieses Signal wird in den Köpfen derjenigen bleiben, die den Brexit als große Chance begreifen, reicher zu werden. Selbst wenn dieser Gesetzesentwurf niemals Gesetz wird (was sehr wahrscheinlich ist).

Was macht das neue britische Gesetz mit dem EU-Austrittsabkommen?

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Kommentare 8
  1. Andreas P.
    Andreas P. · vor 4 Jahren

    In Deutschland wäre es ohne weiteres zulässig mit einem einfachen Gesetz einen internationalen Vertrag auszuhebeln:
    https://www.bundesverf...
    In England, ohne geschriebene Verfassung, gilt nach dem Grundsatz supremacy of parliament dasselbe.

    Internationale Verträge gelten im Inland nur wegen des parlamentarischen Umsetzungsakts, den das Parlament jederzeit ganz oder teilweise zurücknehmen kann.

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      Hast du das Video angesehen? Da erklärt Green auch, dass solche Dinge auf 2 Ebenen wirken, der formaljuristischen und der politischen Ebene. Formaljuristische Diskussionen kann und will ich nicht führen. Aber auf der von dir verlinkten Seite habe ich den Satz gefunden: "In diesem Fall verlangt das Demokratieprinzip, dass spätere Gesetzgeber die Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen revidieren können." Was London macht, ist schon mal anders gelagert. Dieselbe Regierung, die einen international gültigen Vertrag mitgeschrieben und unterschrieben hat, geht 9 Monate später mit einem nationalen Gesetz gegen ihn vor. Das wirkt schon so, als ob man zum Zeitpunkt der Unterschrift entweder keine Ahnung hatte, was man tut oder als ob man sich sagt: "Lass ich jetzt so und ändere es halt später."

      Das hat dann eben auch eine politische Wirkung. Nicht nur, weil es ein Präzedenzfall ist.

    2. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      @Silke Jäger Ja, ich habe das Video gesehen. Es mag ein politisches Problem sein. Daraus ein rechtliches zu machen ist gekünstelt bzw. falsch.

      Die Regierung macht keine Gesetze, sondern das Parlament. Wieso sollte die Regierung von Parlament gebunden sein? Der gegenständliche Vertrag wirkt in UK nur durch das parlamentarische Zustimmungsgesetz. Das kann jederzeit geändert oder eingeschränkt werden, durch das Parlament als Vertretung des Volkes. Diese Möglichkeit folgt zwingend aus dem Demokratieprinzip.

    3. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Ja, stimmt. So lange das Gesetz nicht durch die Parlamente beschlossen ist, ist es kein geltendes Recht. Aber das hatte ich ja so auch geschrieben.

      Politisch ist der Entwurf und die Initiative der Regierung trotzdem eine Bombe. Warum, erklärt Green finde ich sehr gut.

    4. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      @Silke Jäger Das ist nicht der Punkt. Der Vertrag wirkt nur wegen des zustimmenden Gesetzes (European Union withdrawal agreement Act 2020) und nicht wegen der Unterschrift, und der Gesetzgeber kann seine Entscheidung für die Wirksamkeit des Vertrages jederzeit ganz oder teilweise zurücknehmen.

      Ich finde die Erklärung, soweit sie das Recht betrifft, irreführend und falsch.

    5. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Wessen Erklärung findest du falsch? Die von Green?

      Naja, er stellt doch dar, was passiert, sollte das Gesetz wirksam werden. Dann hat es formaljuristische Auswirkungen.

      Und klar, Gesetze kann man ändern. Aber wenn man Verträge, die man zuvor unterschrieben hat, plötzlich in Teilen aushebeln will durch nationale Gesetze, sagt das auch eine Menge darüber, wie man als Vertragspartner einzuschätzen ist.

    6. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      @Silke Jäger Green erweckt den Eindruck, das sei rechtswidrig, was es nicht ist.

      Es macht total Sinn, dass Parlamente Verträge aushebeln können. Nur so wird die Demokratie nicht beschränkt.

    7. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Das ist nicht der Punkt.

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