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Flucht und Einwanderung

Gestern & Heute: Die Kinder sehen, wie wir zusehen. (Ilya Kaminsky)

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergDonnerstag, 13.10.2022

Der Titelsatz stammt aus "Republik der Taubheit", dem neuen Buch von Ilya Kaminsky. Er ist schlicht, aber er öffnet einen großen Assoziationsraum.

Der 1977 im sowjetischen Odessa geborene Ilya Kaminsky wanderte mit seinen Eltern 1993 in die USA aus, wo er mittlerweile lebt und arbeitet. Er ist ein ganz außergewöhnlicher Dichter, der die geschichtliche Erfahrungen und die der Migration zu ungewöhnlichen Textzyklen abbildet und haltbar macht. Seine Arbeit changiet zwischen Poesie, Kurzprosa und Drama, aber fügt sich zu einem neuen großen Ganzen, was zumindest ich so noch nicht gelesen habe.

Daniel Graf stellt uns diesen Künstler anhand zwei auch ins Deutsche übersetzter Bücher vor:

Die Eindringlichkeit und Tiefen­schärfe dieses Text­zyklus hat entscheidend damit zu tun, dass Kaminsky es nicht beim Blick auf das Verstörende belässt. Mit derselben Nachdrücklichkeit evoziert er auch den Glücks­rausch eines Liebes­paares aus der Zeit vor den Verheerungen.

Man muss bei den Kriegsschilderungen immer wieder daran denken, dass sie weit vor der Ausweitung des Krieges am 24. Februar 2022 in seiner immer wieder besuchten Geburtsgegend geschrieben sind.

Sie zeigen aber auch nicht nur die Erfahrungen der osteuropäischen "Bloodlands" (Snyder), sondern auch die in seinem Migrationsland USA:

Wie der Prolog geht auch der Epilog von «Republik der Taubheit» in ein anderes Hier und Jetzt: das zwischen Leserinnen und Autor. Konkret geht es dort um Erscheinungs­ort und -jahr des Buches: die USA unter Trump. «Unser Land», steht da – und man könnte verdeutlichend ergänzen «auch unser Land» – «ist eines, in dem ein Junge, der von der Polizei erschossen wurde, stundenlang / auf dem Gehsteig liegt».

Dieser ARD-Beitrag stellt uns einen Autor vor, der schon wie ein zukünftiger Klassiker und Nobelpreisträger wirkt.

Auf der Homepage von Ilya Kaminsky gibt es auch viele Beiträge wie diesen aus dem Guardian über die schwer ausgebaute Grenze zwischen den USA und Mexiko, wo den den Fliehenden Rechte bestritten werden – so zum Beispiel das, Asyl zu beantragen.

Und zum Schluss noch eine Kostprobe, in der Ilya Kaminsky aus dem Originalband liest.

Gestern & Heute: Die Kinder sehen, wie wir zusehen. (Ilya Kaminsky)

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Kommentare 2
  1. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

    Vielen herzlichen Dank für die Empfehlung. Auf Kaminsky war ich schon gestoßen, als er zum Internationalen Literaturfestival in Berlin weilte - www.berliner-zeitung.d.... Bedauere es, nicht dabei gewesen zu sein, stammt doch der Lyriker aus der Stadt meiner Jugend. Das kurze, im Piq verlinkte Video zeigt die ganze Sensibilität dieses großartigen Künstlers. Überwältigend!

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 2 Jahren

      Danke. Ja, er ist Lyriker, aber in der "Republik der Taubheit" erzählt er auch eine dramatische Geschichte, die auch auf eine Bühne passen dürfte.

      In der deutschen Übersetzung von "Tanzen in Odessa" berichtet Kaminsky in einem langen Interview viel von seiner Geburtsstadt und ihrer großen Literatur.

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