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Kurator'in für: Fundstücke Liebe, Sex und Wir Kopf und Körper
Theresa Bäuerlein schreibt am liebsten über die Hintergründe gesellschaftlicher Phänomene für verschiedene deutsche Medien. Themen, die sie dabei immer wieder faszinieren, sind Liebe und Sex mitsamt der dazugehörigen Industrie und Ernährungsfragen. Genau so gerne gräbt sie sich aber in jedes andere Thema ein, das ihren Kopf zum Surren bringt.
Über Anti-Wokeness als Kulturkampf wird ja derzeit viel geschrieben, aber selten so sachlich und gut durchargumentiert wie in diesem Artikel, der auch erklärt, warum Anti-Wokeness als politische Kampfstrategie so gut funktioniert. Und daher von der AfD, Putin, Orban, Trump usw. geliebt wird, die vor einer woken Hegemonie warnen. Ein Beispiel:
Ein russisches Video, das seit geraumer Zeit in den sozialen Netzwerken kursiert, zeichnet überspitzt nach, wie diese Hegemonie beschaffen sein müsste, wenn es sie denn gäbe. In dem professionell gemachten Clip sitzt eine Kleinfamilie aus Russland im Flieger auf dem Weg in die Vereinigten Staaten. Zunächst freudig gestimmt, erleidet die Familie Schlimmes. Erst muss sie irritiert feststellen, dass ihre Sitznachbarinnen ein lesbisches Paar sind. Danach weist die Stewardess mit starrem Lächeln den Vater an, seinen Fleischkonsum zu unterlassen, um eine dümmlich blickende Veganerfamilie nicht zu belästigen. Außerdem müssen sie die Plätze wechseln, um ein kinderloses Paar nicht mit ihrem Kinderreichtum zu stören.
Der Gipfel des woken Wahnsinns ereignet sich beim Toilettengang: Ein Afroamerikaner will sich vordrängeln. Anstatt den Drängler in die Schranken zu weisen, fallen die westlichen Passagiere mit den Worten: "Forgive us, Sir" auf die Knie, um sich für die jahrelange Unterdrückung schwarzer Menschen zu entschuldigen. Der letzte Schnitt zeigt die Familie an der geöffneten Tür des Flugzeugs in den Flugwind brüllen: "Vergib uns, Mutter Russland! Wir kommen zurück!" Viele Kommentare unter dem Video überschlagen sich in Ihrer Zustimmung. Genau so sei es! Das Video sei keine Parodie, sondern zeige vielmehr die Realität!
Das kann man leider nicht als Skurrilität abtun, denn das Anti-Woke-Feindbild hat reale Folgen:
Auch das im Mai 2023 verabschiedete Grundsatzprogramm der CSU enthält einen Satz zum Eintreten gegen den „Kulturkampf in Form von Identitätspolitik, Wokeness und Cancel Culture“. Und es bleibt mitunter nicht bei Worten. Russland verabschiedete bereits 2013 ein Gesetz „gegen homosexuelle Propaganda“ und stufte die queere Szene jüngst offiziell als „extremistisch“ ein. In Polen wurde 2022 ein ähnliches Gesetz verabschiedet. In der Türkei werden Menschen wegen des Tragens einer Regenbogenfahne verhaftet. Im US-Bundesstaat Florida wurde ein „Stop WOKE“ Gesetz eingeführt. Auch Ungarns Präsident Victor Orbán erklärte im Sommer, Rettung vor dem „Virus Wokeness“ bringe nur ein Verbot von Migration und "Trangsgender-Propaganda“.
Der Artikel beschreibt und liefert Belege dafür, dass die Angst vor der woken Terrorherrschaft mit Fakten und Daten nicht zu belegen ist. Darum geht es in der Debatte ja aber auch gar nicht.
Mit der Wokeness-Panik wurde ein diskursiver Strohmann geschaffen, gegen den auch liberale und linke Stimmen ankämpfen. Der Trick liegt darin, den ziemlich erfolgreichen Kampf um die Gleichberechtigung von Frauen und Minderheiten verzerrt darzustellen, als Unterdrückung von weißen Männern und heterosexuellen, fleischessenden Familien. Paradoxerweise ist die Liberalisierung der Gesellschaft so erfolgreich, dass sie nur mit Bezug auf den angeblichen Verlust von Freiheit bekämpft werden kann.
Eine zentrale Folge davon: Die gesellschaftlichen Debatten bleiben in dem verhaftet, was antiwoke Stimmen vermeintlich bekämpfen wollen: endlose Kulturkämpfe, die mit der eigentlichen Sachlage nur noch wenig zu tun haben. Währenddessen, auch das weist die Triggerpunkte-Studie nach, rutschen wichtige Themen wie soziale Ungleichheit und die Bekämpfung der Klimakrise in der Aufmerksamkeitsökonomie ab. Aber womöglich ist das manchem Kulturkämpfer auch gar nicht so unrecht.
Quelle: Houssam Hamade Bild: © Lennart Gäbel Artikel kostenpflichtig www.zeit.de
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Hier eine interessante sachliche Stimme zum Thema im weiteren Sinne:
"Sie sind Professor an der Columbia University in New York. Ist es wirklich so, wie man sich das aus europäischer Sicht vorstellt – dass es genügt, eine unkorrekte Bemerkung über Schwarze oder Schwule zu machen, und man ist draussen?
Man hat nicht unbedingt Angst vor Entlassung, Canceling oder Shitstorms, denn die sind eher selten. Aber man wird gemieden oder gemobbt wegen unpassender Äusserungen, und deshalb übt man sich in Selbstzensur. Es wäre zum Beispiel fatal, sich gegen Affirmative Action, also die bevorzugte Zulassung von Nichtweissen, auszusprechen. Die Konsequenz wäre, dass sich die Kollegen an den einschlägigen Konferenzen oder Treffen von einem abwenden, wenn man auf sie zugeht. Eine Art sozialer Tod. Die Eliteuniversitäten sind zu 99,5 Prozent links orientiert, und als progressiv gilt alles, was sich um Identitäten dreht, also «Rassen», Ethnien, Gender, LGBTQ. Höchstens ein paar Ökonomen scheren aus. Und durch Selbstzensur wird das Milieu immer noch homogener, gerade auch als Gegenreaktion auf die brachialen Versuche von rechts, die Universitäten per Verbot von diesem Kurs abzubringen, so wie derzeit in Florida und anderswo.
Es gibt viel Polemik rund um die amerikanischen Spitzenuniversitäten, vor allem auch seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober, aber wenig sachliche Analysen, die die Entwicklungen in einen grösseren Kontext einordnen. Wie würden Sie aus sozialwissenschaftlicher Sicht beschreiben, was da gerade passiert?
Auf die Gefahr hin, akademisch und abstrakt zu klingen, würde ich von der soziologischen Grundannahme ausgehen, dass moderne Gesellschaften aus Teilsystemen bestehen, die relativ autonom funktionieren. Die Wissenschaft, zu der auch die Universitäten gehören, ist ein solches eigenständiges Universum, in dem man der Frage nachgeht, was wahr ist und was nicht. Ein anderes Teilsystem ist die Politik, bei der es um Macht geht und um Fragen wie: Wer ist mit uns, wer ist gegen uns? Seit etwa zwanzig Jahren wird diese Trennwand jedoch durchlöchert; immer mehr beeinflussen Fragestellungen, die eigentlich zur Politik gehören, die Wissenschaft.
Wie äussert sich diese Politisierung konkret?
Es gibt drei wissenschaftsfremde Kriterien, die das Ideal des universalistischen, wertfreien Diskurses bedrohen. Erstens wird bei der Planung von Untersuchungen und bei der Analyse der Resultate sofort gefragt, ob diese aus linksprogressiver, identitätspolitischer Sicht wünschenswert seien – und entsprechend gefiltert. Zweitens kommt es nicht mehr nur darauf an, was gesagt wird, sondern wer etwas sagt und wie viel Prestige die Sprechenden haben. Die Aussagen von Frauen oder von Nichtweissen, in Amerika People of Color genannt, haben heute in diesem Umfeld ein grösseres moralisches Gewicht. Drittens ist die Resonanz der Wissenschaft in der Öffentlichkeit immer wichtiger. Es wird erwartet, dass Forschungsresultate dazu beitragen, dass die linksprogressiven Kräfte des Guten über die rechtspopulistischen Kräfte des Bösen siegen."
https://www.nzz.ch/int...
"Die Polemik gegen Wokeness zeichnet oft ein Zerrbild, das mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Denn vielen geht es schon lange nicht mehr um eine seriöse Debatte." Das unterscheidet sich leider wenig von der Polemik/Propaganda für Wokeness. Es lohnt nicht, auf dieser Ebene von wechselseitigen Spiegelideologien zu streiten …..
Erwartungsgemäß ein handzahmer und sreichelweicher Artikel aus der Zeit, den erwartungsgemäß Frau Bäuerlein empfiehlt. Die Kritik an "woke" kommt keineswegs hauptsächlich von rechts. es wäre schon mal wünschendwert, wenn die rechte Propaganda und Kritik unterschieden werden könnte. Z.B. zeichnet Yasha Mounk in seinem Buch "The Identity Trap" ein sehr differenziertes Bild der Entwicklung von "wokeness". Und die ganze Diskussion um das Selbstbestimmungsgesetz, der feministische Widerstand gegen die woke Politik der Ampelregierung - das ist alles rechts oder nicht einmal berichtenswert?
Wir verschwenden wichtige Lebens- und Arbeitszeit mit der Aufklärung derartiger Desinformationen. Und genau das wollen jene, die diese Desinformationen in die Welt setzen. Man kommt kaum noch mit der Aufklärung hinterher. Es bleibt am Ende viel zu wenig Zeit für die wirklich wichtigen Dinge. Ich frage mich fast täglich, wie ich aus diesem Hamsterrad herauskommen kann. Für die anstehenden Wahlen befürchte ich Schlimmes.