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Ich habe in London und Oxford Physik, Wissenschaftsgeschichte und Philosphie der Physik studiert. Zur Zeit promoviere ich als theoretischer Physiker in der Quanteninformationstheorie-Gruppe von Prof. Jens Eisert an der Freien Universität Berlin und mache einen Bachelor in VWL an der Humboldt-Univ. zu Berlin.
Nebenher beschäftige ich mich viel mit Natural Language Processing und Blockchain-technologien, und damit wie Machine Learning und datengetriebene Systeme unsere Welt verändern.
Wie funktioniert empirische Wissenschaft? Ganz grob ungefähr so: In Experimenten werden Daten gesammelt und dann wird versucht, Modelle und Theorien zu entwickeln, die gleichzeitig möglichst einfach sind und mit den gesammelten Daten in Einklang stehen. Historisch ist dabei aber klar, dass die resultierenden Theorien nicht objektiv sind in dem Sinne, dass ihre konkrete Form immer auch die Ideen ihrer Entstehungszeit, die Vorgängertheorien, usw. reflektieren.
Aber wie können wir wissen, dass es nicht viel einfachere Theorien und Modelle für die Daten gibt, die die Wissenschaft aufgrund dieser Dynamik übersehen hat? Forscher von der ETH Zürich (und Bekannte von mir) präsentieren nun einen spannenden Ansatz zu dieser Frage: Sie füttern ein neuronales Netzwerk mit simulierten Daten aus physikalischen Experimenten und tragen dem Netzwerk auf, ein möglichst einfaches Modell zu entwickeln, mit dem es die Daten hätte vorhersagen können - ohne weitere Bedingungen an die Form des Modells zu stellen. Für eine Reihe von physikalischen Systemen können sie dabei zeigen, dass das Netzwerk genau die gleichen physikalischen Größen als gute Modellparameter "entdeckt", die auch unsere besten Modelle dieser Systeme verwenden: Nicht nur entwickelt das sogenannte SciNet von alleine unter anderem Konzepte wie den Drehimpuls im Fall kollidierender Teilchen, es entscheidet sich auch, dass eine heliozentrische Theorie mehr Sinn macht als eine geozentrische, um die Positionen von Sonne, Erde und Mars im Laufe des Jahres zu beschreiben!
Natürlich müssen wir die Lehren der Geschichte auch auf das SciNet anwenden und uns fragen, inwiefern seine Architektur den Zeitgeist von 2018 reflektiert, in welchem Sinne seine Modelle nun objektiver sind als unsere. Aber diese Fragen ändern nichts an der beeindruckenden Leistung des SciNet und an der spannenden Möglichkeit, dass das SciNet in Zukunft eventuell verwendet werden kann, um neue Theorien zu entwickeln. Höchstrelevant auf vielen Ebenen!
Quelle: Raban Iten et al. Bild: Raban Iten et al. EN arxiv.org
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