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"Wir können froh sein, einen Putin zu haben" – Gerhard Schröder polarisiert erneut im Interview

Hauke Friederichs
Journalist und Autor
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Hauke FriederichsMittwoch, 15.11.2017

Einst war er der Sieggarant der SPD, heute ist er vielen Sozialdemokraten peinlich. Gerhard Schröder, Ex-Kanzler, Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen, aktiver Russlandversteher, spricht mit der ZEIT über die Weltpolitik, die Lage seiner Partei und die Rolle, die Wladimir Putin gerade spielt. Erneut äußert Schröder einige Meinungen, die ihm nicht alle Genossen so schnell verzeihen dürften.

Ohne ökonomische Kompetenz könne man Deutschland nicht regieren, sagt Schröder. Ein Seitenhieb an Martin Schulz, seinen Nach-Nach-Nachfolger als Spitzenkandidat? Schröder holte als Kanzlerkandidat immerhin 13,5 Prozent mehr. "Meine Partei hatte erstens das Problem, dass ihr niemand zugetraut hat, eine regierungsfähige Mehrheit zu organisieren", stellt Schröder fest. "Zweitens hat die SPD unter der Ausdifferenzierung mehr gelitten als die CDU. Grüne und Linke sind doch 'Fleisch aus unserem Fleisch'. Drittens hat die SPD ihre ökonomische Kompetenz nicht vermittelt."

Schröder fühlt sich missverstanden, sein Reformwerk hat die Sozialdemokratie nicht gewürdigt: "Die Mehrheit der SPD-Funktionäre hat die Agenda nicht als richtig empfunden, obwohl sie Deutschland vorangebracht hat. Wir sind die stärkste Volkswirtschaft in Europa und werden weltweit für diese Reformanstrengung bewundert."

Bei der SPD gebe es gute Leute wie Andrea Nahles und Olaf Scholz, einer der Begabtesten sei Sigmar Gabriel, sagt Schröder. Martin Schulz erwähnt er nicht. Dieser hatte den früheren Kanzler zuletzt kritisiert.

Kritik dürfte Schröder erneut für seine Lobpreisung seines alten Freundes in Moskau bekommen, den er einst als lupenreinen Demokraten bezeichnete: "Verglichen mit dem US-Präsidenten können wir froh sein, einen Putin zu haben." Und was sagt er zu einem anderen Autokraten, der Europa entsetzt? "Erdoğan hat aus der Türkei einen wirtschaftlich erfolgreichen Staat gemacht. Und er war auf dem Weg nach Europa. Dieser ist nicht zuletzt von Deutschland, aber auch durch eigenes Verschulden verbaut worden."

"Wir können froh sein, einen Putin zu haben" – Gerhard Schröder polarisiert erneut im Interview

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Kommentare 6
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 7 Jahren

    Nun gibt es diesen bösen Kommentar zum selbstentlarvenden Interview:
    https://www.nzz.ch/mei...
    Mir fällt da noch ein Satz vom ersten deutschen Kanzler ein: „Eitelkeit ist die erste Hypothek auf die Ehre.“ So Otto von Bismarck.

    1. Hauke Friederichs
      Hauke Friederichs · vor 7 Jahren

      Klasse Ergänzung, vielen Dank!

  2. Ralph Diermann
    Ralph Diermann · vor 7 Jahren

    Was ich nicht verstehe: Warum wird die Nähe von Schröder zu Russland und der Türkei bei uns ausschließlich negativ diskutiert? Natürlich ist es erst mal äußerst problematisch, wenn ein Ex-Kanzler gute Verbindungen zu autoritären, die Menschenrechte verletzenden Regierungen unterhält. Andererseits stehen ihm damit aber Türen offen, die der Bundesregierung verschlossen bleiben, siehe die Freilassung von Peter Steudtner. Konfrontation und Kritik sind sicher richtig im Umgang mit Putin und Erdogan. Es schadet aber nicht, daneben noch einen anderen Kanal zu haben.
    Wobei es natürlich blöd ist von Schröder, seinen Zugang zu Putin auch für eigene wirtschaftliche Interessen zu nutzen, siehe Rosneft. Da liefert er im Interview auch nicht gerade starke Argumente.

    1. Hauke Friederichs
      Hauke Friederichs · vor 7 Jahren

      Ich stimme Ihnen zu – natürlich sind diplomatische Kanäle außerhalb des Protokolls wichtig. Über solche zu verfügen und im Interesse der Bundesrepublik zu verwenden ist sinnvoll. Aber in einem Interview die Machthaber zu verteidigen ist dafür ja nicht zwingend. Mit Hinterzimmer-Diplomatie hat der Einsatz als menschlicher Lautsprecher nichts zu tun. Ohne Herrn Schröder zu nah treten zu wollen: Wenn der Preis für bestimmte Kontakte ist, diese Regenten öffentlich lobpreisen zu müssen, dann ist der Preis recht hoch; zumal bisher kein sichtbarer Nutzen eingetreten ist.

    2. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 7 Jahren

      @Hauke Friederichs Ich vermute mal, dass er gut auf das Lobpreisen verzichten könnte, ohne seine Kontakte zu verlieren. Zumal er ja im Interview die Verschwiegenheit als Voraussetzung für die stille Diplomatie so preist.

    3. Hauke Friederichs
      Hauke Friederichs · vor 7 Jahren

      @Ralph Diermann In der SPD wäre wohl niemand traurig, würde der Altkanzler schweigen. Allerdings hat sich Helmut Schmidt auch nicht so wirklich darum gekümmert, was seine Sozialdemokraten von seiner Meinung halten....

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