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Kopf und Körper

"Periode ist politisch" – eine Menstruationsutopie

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerMontag, 31.01.2022

Franka Frei bricht ein Tabu, wenn sie als Tampon verkleidet auf der Straße steht und für einen anderen Umgang mit dem Thema Menstruation wirbt.

"Alleine das zu sehen ist schon für viele so ein Schocker und so ein Tabubruch, weil wir alles immer nur – in Bezug auf Körper und Sexualität und Menstruation – in so nem weichgewaschenen Filter sehen."

Das ebenso unterhaltsame wie informative Feature "There Will Be Blood – eine Menstruationsutopie" von Teresa Schomburg widmet sich ausgiebig dem Thema Periode, das für viele eher verschwiegen gehört: Menstruation – das bedeutet Blut, Stimmungsschwankungen, Schmerzen. Menstruierende Frauen gelten als "schwierig", zickig, unrein. Was ist Mythos, was Realität? Und warum wird darüber so wenig gesprochen?

Was wäre, wenn unsere Gesellschaft einfach mal einen komplett anderen Umgang mit dem Thema pflegen würde? Eine solche Utopie entwirft die Autorin hier, und es ist wohl eine Horizonterweiterung für jede und jeden.

"Hereinspaziert, hereinspaziert hier in die Hormonachterbahn! Setzt die Pille ab, schließt die Bügel und haltet euch gut fest! Noch sind wir in der Menstruationszeit, also praktisch im inneren Winter. Die Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron sind niedrig. Ihr wollt eure Ruhe? Nicht mehr lange! Bald geht's bergauf und jetzt geht's ab hier volle Pulle!!!"

Werbung für Hygieneprodukte, das Frauenbild in der klassischen Musik – überall wird Reinheit suggeriert. Mit der blutigen Realität hat das wenig zu tun.

"Warum ist das so ein Schocker? Dass Menstruation existiert, das lässt sich nicht leugnen. Sie ist gut, gesund und wichtig. Sie ist nicht blau, sie ist nicht steril, sie ist nicht blütenweiß, und ich glaube, dass es in der Werbung auch ruhig ein bisschen diverser dargestellt werden könnte."

Periodenhöschen, Menstruationsschwamm und ein Behälter, der das Blut auffängt – die "Menstruationstasse" – sind alternative Periodenprodukte, die es noch nicht groß in die Werbung geschafft haben, die aber interessante Alternativen zu Tampons und Binden sind. Auf der Internetplattform Vulvani.com werden sogar Online-Kurse zum Thema "Free Bleeding" angeboten – eine Methode, bei der das "kontrollierte" Bluten gelernt wird und somit komplett auf Menstruationsartikel verzichtet werden kann.

Lange wurden menstruierende Frauen stigmatisiert, aus dem öffentlichen Leben zurückgedrängt und vom Arbeiten abgehalten. Erst 1958 wies ein Arzt nach, dass Menstruationsblut nicht giftig sei.

"In vielen asiatischen Ländern, also z. B. Japan und Taiwan, die haben mehrere Tage im Jahr Menstruationsurlaub. Das finde ich eigentlich ein ganz schönes Modell, von dem sich europäische oder westliche Länder auf jeden Fall was abgucken können, weil ich glaube, das kann total helfen, diesem Stigma so ein bisschen was entgegenzusetzen."

Menstruationsurlaub kann allerdings auch wieder kritisch betrachtet werden, da er Frauen Nachteile bei der Jobsuche bringen kann oder eine Durchleuchtung in sehr privaten Bereiche bedeutet. Trotzdem kann ein Mitdenken der Periode theoretisch auch im Arbeitsleben von Vorteil sein.

"'Wann planen Sie den Vertragsabschluss? Der sollte gut vorbereitet sein. Unsere Kunden sind nicht so leicht zu handlen.' –
– 'Am kommenden Mittwoch. Das ist meine Eisprungzeit. Da bin ich immer sehr selbstbewusst und kann sie bestimmt überzeugen.'
– 'Wunderbar, so machen wir das.'"

Fakt ist, es ist längst überfällig, dass das Tabuthema Menstruation endlich anders angegangen wird. Dafür sorgen z. B. Marlen Stahrmüller und ihr Kollege von Sexpäd. Berlin, die an Schulen frühzeitig Aufklärungsarbeit leisten, wo das Thema offiziell – viel zu spät – erst in der 6. Klasse durchgenommen wird.

"Das Thema betrifft ja alle. Ich glaube, auch für Jungs oder junge Menschen, die ihre Menstruation nicht haben, die werden früher oder später damit konfrontiert. Und wir arbeiten auch mit Transkindern und Transjugendlichen."

Auch in Hinblick auf das Thema Verhütung ist das Unwissen oft noch sehr verbreitet. Viele nehmen die Pille, wissen aber gar nicht, was dabei im Körper passiert.

"Es gibt auch keine Regelblutung, nur eine Abbruchsblutung für die Pillenpause, die für die Verhütung nicht nötig wäre."

Katja Schmalenberger von der Universität Heidelberg forscht zum Thema Menstruation und deren Auswirkung auf die Psyche. Manche natürlich Menstruierende spüren Stimmungsveränderungen, die vermutlich auf den veränderten Hormonhaushalt zurückzuführen sind. Das berüchtigte "PMS" – das prämenstruelle Syndrom – sorgt bei manchen Frauen für aufwühlende emotionale Achterbahnfahrten, andere wieder spüren gar nichts oder kaum etwas von ihrem Zyklus.

Frauen, die von der häufig sehr spät erkannten Diagnose Endometriose betroffen sind, haben wiederum mit extremen Regelschmerzen zu kämpfen, die mit Geburtsschmerzen vergleichbar sind – und das monatlich. Dass diese Frauen oft erst lange leiden müssen, bis ihnen geholfen wird, ist sicher auch auf den problematischen Umgang mit dem Menstruieren zurückzuführen.

Dieses Feature leistet ein Stück Aufklärungsarbeit, und das auf mitunter sehr humorvolle Weise.

"Periode ist politisch" – eine Menstruationsutopie

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Kommentare 2
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 2 Jahre · bearbeitet vor mehr als 2 Jahre

    dass Reinheit 'suggeriert' wird, ist m.A. nach kein Problem - denn natürlich wollen Frauen sich sauber und frisch fühlen. genau das soll Werbung doch füttern: Wünsche erfüllen.
    Ja das Thema gehört mehr in das öffentliche Bewusstsein. und zwar mit mehr Ehrlichkeit gepaart.

    ps: aber was bitte soll das mit 'free bleeding"? Das klingt doch arg ...esoterisch.

  2. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als 2 Jahre · bearbeitet vor mehr als 2 Jahre

    Schöner Beitrag. Ich bin zwiespältig – einerseits finde ich es gut, wenn man von Menschen, die menstruieren, nicht den ganzen Monat lang eine gleichbleibende Leistung erwartet, denn die Periode kann wirklich ganz schön reinhauen und manchmal muss man einfach einen Tag oder mehr mit einer Wärmflasche rumliegen dürfen. Andererseits fände ich es sehr komisch, wichtige Treffen auf Eisprung-Tage zu legen. Und was ist mit Frauen nach den Wechseljahren, die haben dann auf einmal keinen Menstruationsurlaub? Die Wechseljahre sind ja auch nicht unbedingt einfach. Dennoch, mehr Bewusstsein bei dem Thema kann definitiv nicht schaden.

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