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Liebe, Sex und Wir

Darf man Kinder bereuen?

Natalie Mayroth
Journalistin & Kulturwissenschaftlerin
Zum Kurator'innen-Profil
Natalie MayrothDonnerstag, 28.07.2016

Es kursiert eine Studie, die betroffen macht: Es gibt Menschen, die es bereuen, Kinder bekommen zu haben. Und das belegen gleich zwei unterschiedliche Studien. Skandal. Das ist zum einen die Studie „Regretting Motherhood" der Soziologin Orna Donath (bezieht sich sogar nur auf Mütter) und die YouGov-Studie, die besagt, dass 20 Prozent der Mütter und Väter in Deutschland lieber nicht noch einmal Eltern werden würden – auch wenn sie ihre Kinder lieben – nach der Studie zu 99 Prozent. (Es sagen aber auch 73 Prozent aller befragten Eltern, sie würden wieder Kinder bekommen wollen, auch wenn sie die Zeit zurückdrehen könnten. Sogar 80 Prozent geben an, Eltern von „Wunschkindern" zu sein.) Diese Studie greifen auch die Zeit-Autoren Frida Thurm und Sascha Venohr an diesem Donnerstag auf und entschlüsseln sie weiter. Letztendlich mit gutem Gefühl, denn Liebe und der nicht erneute Kinderwunsch können offenbar nebeneinander existieren. 

Die Gründe jedoch, warum sich Eltern erneut gegen Kinder entscheiden würden, sind schwankend und kommen zu kurz. Es seien aber vor allem äußere Umstände wie die Karriere (bzw. fehlende Betreuungsplätze). Bei diesen Studien wurde erst gar nicht erfasst, wer sich aus welchen Gründen gegen Kinder entschieden hat. Nicht erst durch einen längeren Aufenthalt in Asien bemerke ich immer mehr, dass das Land in dem ich lebe, nicht das kinderfreundlichste ist. Und es auch nicht unbedingt war: Vor zwanzig Jahren machte meine Mutter, eine Mutter von vier Kindern, des Öfteren negative Erfahrungen, die sie uns aber vorenthielt, da in ihrem Umfeld viele nicht verstehen konnten, warum man sich noch für eine Großfamilie (mit einem ausländischen Mann!) entscheidet. Mich würde interessieren, was die (bisher) Kinderlosgebliebenen zu diesem Thema sagen. Wäre das nicht eine neue Studie wert?


Darf man Kinder bereuen?

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Kommentare 4
  1. Natalie Mayroth
    Natalie Mayroth · vor mehr als 8 Jahre

    Hi Nils,
    an dem Punkt kann man sicher ansetzen, doch für mich sind Reue und etwas nicht noch ein Mal tun wollen nicht das Gleiche, vor allem würde ich den Eltern, nicht ohne mit ihnen persönlich gesprochen zu haben, unterstellen, dass sie etwas Böses, Falsches oder Unmoralisches getan haben. Das würde keinen Sinn machen. “Scheitern als Chance" sehe ich als junger Menschen (Ü30) nicht als Zwangsverpflichtung, sondern als einzige Möglichkeit anders zu denken, weiterzumachen und sich zu entwickeln. Die Institutionen in Deutschland sind schrecklich eingefahren. Man kann nicht alles bereuen, was man bisher gemacht hat, und auch die schlechten oder nicht so schönen Erfahrungen prägen. Deshalb auch, ohne Moralisch zu sein: Was denken jene, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden. Und wenn ich mich recht erinnere, ist "Non, je ne regrette rien" jetzt auch schon über 60 Jahre alt. Und klar, ich finde es immer noch wichtig, als Frau sagen zu können: Ich bereue nichts, es ist mein Leben. Oder auf was wolltest du hinaus?

    1. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 8 Jahre

      Zu bedenken gilt in diesem Fall ja auch, dass man nicht einfach irgend etwas entkoppeltes bereut, was nur einen selbst angeht. Ich stelle mir es als Kind schlimm vor zu erfahren dass Eltern das Kinder Bekommen bereuen. Ich finde damit sollte man extremst vorsichtig umgehen und lieber zu oft als zu selten darüber nachdenken wie man sich wem gegenüber äußert. Ich frage mich auch wie Kinder von Autoren, die zu diesem Thema autographisch schreiben, denken. "No kids" von Corinne Maier ist ja auch so ein Buch.

    2. Nils Pickert
      Nils Pickert · vor mehr als 8 Jahre

      Liebe Natalie,
      warum ist das wichtig? Warum muss man (als Frau) sagen können: Ich bereue nichts, es ist mein Leben? Wieso ist Reue so wenig Bestandteil unseres Denkens und Empfindens?

      Ich habe den Eindruck, dass das mit unserem Optimierungswahn zu tun hat. Reue bedeutet, das Dinge und Erfahrungen womöglich umsonst waren, schmerzhaft, falsch oder richtig, richtig schlecht. Nicht im Sinne von "Ich bin jetzt stärker, seht mich an, I will survive". Im Sinne von Autsch. Als Narbe. Als Schmerz. Als Verlust.

      Und was Reue und unter 30 Jährige angeht: Da scheinst du eine der wenigen zu sein. Andere sind da eher so
      http://www.getengaged....

      LG
      Nils

  2. Nils Pickert
    Nils Pickert · vor mehr als 8 Jahre

    Liebe Natalie,
    prima piq, vielen Dank dafür. Was mir in der ganzen Debatte so ein bisschen fehlt, ist ein grundsätzliches Nachdenken über das Konzept von Reue. In Zeiten von "Non, je ne regrette rien" und der Zwangsverpflichtung "Scheitern als Chance" ist mir persönlich nicht ganz klar, wie viel die allgemeine Ablehnung von Reue zur Debatte beiträgt. Wie viel von der Diskussion um elterliche Reue ist im eigentlichen Sinn eine längst überfällige Diskussion über Reue?

    LG
    Nils

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