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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Natürlich kann man – siehe ganz unten – behaupten, dass Trump einer der größten US-Präsidenten gewesen ist. Das haben ja auch schon Kanye West und David Lynch getan, indem sie alles andere ausklammerten, um sich nur noch für Disruption und Pervertierung des Punk (oder meinetwegen auch Hip-Hop: All I care about is money and the city that I'm from..., Drake) zu begeistern. Und wenn mir oder Michel mal irgendjemand vernünftig erklären könnte, was das eigentlich sein soll, ein Essay ("Aufsatz"? "geistreiche Abhandlung"? Eilenberger im SPIEGEL über die neue Wirklichkeit?), würde es sich vielleicht lohnen, Houellebecqs neuen "Essay"-Band Ein bisschen schlechter (Dumont, aus dem Französischen von Stephan Kleiner) angemessen zu verreißen.
So aber überwiegen Gähn-Effekt und Desinteresse an Houellebecqs "Provokationen" (Lob des konservativen Kleinbürgers, Puffgeplauder mit Frederic Beigbeder) und dem hier ausgestellten Bad Writing der zahnloseren Sorte.
Goutieren kann man das Buch höchstens als Sachbuch-Sabotage eines gewitzten Roman-Autors: Sich einfach einen möglichst hochtrabenden Titel wie Emmanuel Carrère und das Problem des Guten ausdenken, um dann bei einer Schachtel Gauloises und zwei Flaschen Rotwein kichernd irgendwas mit Literaturgeschichte ("Maugham hatte sich, wohl aus Schamhaftigkeit, die Persona eines raffinierten und zynischen alten Schwulen zugelegt") und Moraltheorie ("Das Gute existiert, es existiert unbedingt, ebenso sehr wie das Böse") runterzuschwurbeln.
Wobei ihm derart entspannt dann zwischendurch trotzdem kurz gelingt, Carrère (und sich selbst) in etwa so auf den Punkt zu bringen wie Trump Amerika:
Es ist ohnehin unmöglich, Fakten nachzuvollziehen, selbst wenn man es jenseits aller literarischen Ambitionen tut, ist man immer mehr oder weniger zum Erfinden gezwungen. Das ändert nichts daran, dass Emmanuel Carrère sich entschieden hat, bei sämtlichen Büchern, die er gegenwärtig schreibt, weder die Figuren noch die Hauptereignisse zu erfinden, er hat sich im Wesentlichen entschieden, als Zeuge zu fungieren (nicht als ein exakter Zeuge, das ist, wie gesagt, unmöglich; aber als Zeuge). Diese Entscheidungen interessieren mich natürlich, und sei es nur, weil ich bis heute den entgegengesetzten Weg gegangen bin. Aus ästhetischen Gründen, wenn man so möchte, aber auch aus zweifelhaften Gründen, in denen sich Faulheit, Frechheit und Größenwahn mischen (von der Art: Belästigt mich nicht mit den Einzelheiten, ich habe keine Zeit mit der Realität zu verschwenden, und außerdem kenne ich die Realität ohnehin besser als jeder andere).
Das passt natürlich nicht nur super zu den Problemen, die Carrère gerade mit der Exfrau wegen deren Vorkommnis in seinem neuen autofiktionalen Bestseller "Yoga" hat.
Sondern auch zu einer Stelle, die ich bei Erik Schilling (Authentizität. Karriere einer Sehnsucht, C.H.Beck) in dem Kapitel "Wie jammert ein Mann?" (am Beispiel von Knausgård) fand, in der es um den Gegensatz zwischen "Authentizitätspakt" und "Fiktionsvertrag" geht:
"Fiktionsvertrag" besagt ..., dass der Leser dem fiktionalen Text bestimmte Setzungen abnehmen muss, damit er dessen Logik folgen und ihn adäquat rezipieren kann. Solche Setzungen sind beispielsweise, dass Rollo der Hund von Effi Briest ist oder dass man in Hogwarts auf Besen Quidditch spielt. Lässt sich der Leser des Textes auf solche Setzungen nicht ein, wird die Lektüre eine trotzige Serie von "Glaub-ich-nicht"-Momenten. Der Fiktionsvertrag führt zu der erforderlichen willing suspension of disbelief, die dem Text Kohärenz verleiht.
Knausgård aber bietet seinen Lesern keinen Fiktionsvertrag, sondern eben einen Authentizitätspakt. (...) Anders als der Fiktionsvertrag ist der Authentizitätspakt für die interne Kohärenz des Textes irrelevant. Ein guter Text funktioniert unabhängig davon, ob er authentisch ist, ein schlechter Text ist immer ein schlechter Text, auch wenn er authentisch ist.
Hier gerät Schilling aber selbst ein wenig ins Schlingern. Und braucht vielleicht ähnlich wie Houellebecq nicht nur einen "Ich weiß, was du meinst"-Pakt mit dem Leser. Sondern auch Schützenhilfe von Matthias Brandt, neulich in der ZEIT:
Es geht mir auf die Nerven, dieser Zwang zur Beglaubigung durch "Authentizität". Mich stören Doku-Dramen, in denen dokumentarisches Material mit Spielszenen gemischt wird, um die Wahrhaftigkeit zu steigern. Das muss man doch gar nicht. Jede gute fiktive Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten èsogar Krieg der Sterne.
Quelle: Michel Houellebecq Bild: privat EN harpers.org
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