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Medien und Gesellschaft

Undercover bei der Polizei: Alltag zwischen Rassismus, Gewaltfantasien und Machtmissbrauch

Mohamed Amjahid
Buchautor und Journalist

Reporter, Kurator, Autor für deutsche und internationale Medien. Studium der Politikwissenschaft/Anthropologie. Themen: Weiße Mehrheitsgesellschaft, MENA, Autokratien, Kapitalismuskritik, Feminismus und kritische Theorie.

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Mohamed AmjahidDienstag, 08.09.2020

Wenn Präsidenten die Polizei feiern, macht das großen Sinn. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen: Die eine Seite repräsentiert das staatliche Gewaltmonopol, die andere Seite führt es aus. Nach dem sogenannten "Sturm auf den Reichstag" empfing zum Beispiel Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drei Polizist*innen, die (ein wenig verloren vor dem Mob) am Reichstagsgebäude standen. Es geht darum, Bilder zu produzieren und eine Message zu verbreiten: Der Staat steht hinter der Polizei und lässt keine (auch sonst so fundierte) Kritik an den Sicherheitsbehörden gelten.

In Frankreich wird diese Allianz zwischen der Staatsspitze und den "Hüter*innen der Gesetze" regelmäßig gefeiert, ja auf die Spitze getrieben. Dort ist quasi der ganze staatliche Apparat darauf ausgerichtet, die Gesellschaft – und vor allem verletzbare Minderheiten – durch die Polizei und andere militarisierte Behörden zu dominieren. Jeder französische Präsident hat da schon mitgespielt. Diese Strategie nennt sich: Sicherheitspolitisierung. Dabei geht es darum, bei jedem politischen Thema auf den Sicherheitsaspekt zu verweisen und den Einsatz von staatlicher Gewalt zu legitimieren. Andere, friedliche Mittel der Politik (Soziale Arbeit, Chancengerechtigkeit, Diskurs, Investitionen in Communities, Empowerment ...) sind dabei zweitrangig. Die Polizei darf dagegen tun, was sie will und wie sie es will. 

Nun hat der französische Journalist, Valentin Gendrot, eine Debatte in seinem Land ausgelöst. Gendrot hat undercover für sechs Monate in einem Polizeirevier im Norden der Hauptstadt Paris gearbeitet. Er hat alles fleißig dokumentiert, Texte geschrieben, Interviews gegeben – und Dinge herausgefunden, die längst bekannt sind. Diese Art von Journalismus – also die ultimative Methode, zu recherchieren – ist allerdings wichtig in einer Gesellschaft, die betroffenen Menschen nicht zuhören möchte: 

“They don’t see a youngster, but a delinquent … once this dehumanisation is established everything becomes justifiable, like beating up an adolescent or a migrant,” he writes, adding: “What astonishes me … is at what point they feel untouchable, as if there’s no superior, no surveillance by the hierarchy, as if a police officer can choose – according to his free will or how he is feeling at that particular moment – to be violent or not.
“In my commissariat there were racist, homophobic and macho comments every day. They came from certain colleagues and were tolerated or ignored by others.”

Gendrot beschreibt eine extreme Banalität der Gewalt. Er wurde in einem Fall sogar dazu aufgefordert, sagt er, Beweismittel zu manipulieren, um einen Polizisten, der einen Jugendlichen ohne Grund verprügelt hatte, "zu schützen". Diese und weitere gewaltvolle Erzählungen aus Gendrots Recherche sind bekannt und alltäglich, auch aus Deutschland. Wo ja bekanntermaßen noch gestritten wird, ob eine Studie zum Thema Polizeigewalt überhaupt erstellt werden soll. 

Undercover bei der Polizei: Alltag zwischen Rassismus, Gewaltfantasien und Machtmissbrauch

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