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Technologie und Gesellschaft

Eine bedrückend anschauliche Visualisierung des chinesischen Sozialkreditsystems

Jörn Klare
Neugier und Misstrauen
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Jörn KlareSamstag, 01.12.2018

Schon 2020 will China sein System der digitalen Sozialkontrolle landesweit einführen. Das betrifft ca. 1,4 Milliarden Menschen, ein gutes Sechstel oder knappes Fünftel der Weltbevölkerung. In ihrer Reihe „Asien in Zahlen“ bietet die FAZ dazu aufgrund der bisher vorliegenden Informationen – viele Details sind noch unbekannt – ein paar anschauliche Infografiken.

Zur Berechnung des Scores zieht das System riesige Datenmengen aus allen Quellen, die der Regierung zur Verfügung stehen. Das sind einerseits traditionelle Quellen: Kreditbewertungen, Strafregister, Meldedaten, Schulzeugnisse.

Jeder Bürger startet mit 1.000 Punkten wobei es auf maximal 1.300 rauf oder 600 Punkte runter gehen kann.

Ebenso fließen aber auch Daten aus digitalen Quellen ein – zum Beispiel die Suchbegriffe, welche die Person im Internet eingegeben hat, ihre Shopping-Vorlieben in Internetläden oder die Kommentare, die sie in Sozialen Medien hinterlassen hat.

Wer in den Miesen steckt, weil er sich etwa regierungskritisch in sozialen Medien äußert, „Gerüchte“ im Internet verbreitet oder seine Eltern nicht regelmäßig besucht, muss beispielsweise mit einem eingeschränkten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen oder dem Ausschluss von der Buchung von Flügen oder Schnellzügen rechnen.

Außerdem wird ein großer Teil des öffentlichen Raums in China kameraüberwacht. Mithilfe von Gesichtserkennung können etwa Verkehrssünder auf diese Weise identifiziert – und ihre Sozialkredite abgewertet werden.

Wer hingegen Blut spendet und die Regierung in sozialen Medien lobt, wird im Krankenhaus schneller behandelt, bekommt leichter einen Job oder zahlt weniger Steuern.

Eine künstliche Intelligenz verarbeitet die immensen Datenströme und berechnet für jede Chinesin und jeden Chinesen einen Punktestand.

Laut einer repräsentativen Befragung sollen 80% der Chinesen das neue System begrüßen.

Puh.

Anschauenswert.

Eine bedrückend anschauliche Visualisierung des chinesischen Sozialkreditsystems

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Kommentare 6
  1. Fritz Iversen
    Fritz Iversen · vor fast 6 Jahre

    Und gerade erst gesehen: "Gute Bewertung deiner Community-Piqs" scort hier auch ganz gut ;)

  2. Fritz Iversen
    Fritz Iversen · vor fast 6 Jahre

    Das Seltsamste ist das völlige Durcheinander bei den Score-Events. Es reicht vom Intimen ("Eltern besuchen") über politisches Wohlverhalten bis zu solchen Nebensächlichkeiten wie "Betrügen bei Onlinespielen". Vermutlich ist dieser Katalog bewusst gestaltet. Er wurde so um beliebte Punkte angereichert, dass die Akzeptanz steigt und die kritischen Aspekte problemlos mitverkauft werden. Sich für die Nachbarschaft einsetzen, Blut spenden - wieso das nicht belohnen?
    Ich könnte mir vorstellen, wenn man die Kriterien an die deutsche Mentalität anpasste, würde man hier auch hohe Zustimmungsraten erhalten. Das ginge vielleicht sogar mit liberalen Werten: "Schlägt seine Kinder" - Abzug. "Verbreitet Hetzpropaganda im Netz" - Abzug. "Parkt auf dem Radweg" - Abzug. "Erklärt gut anderen im Internet die Politik der Regierung" - Pluspunkt. "Organspendeausweis" - Pluspunkt. Etc.

    1. Jörn Klare
      Jörn Klare · vor fast 6 Jahre

      Das ist ein interessantes Gedankenspiel, wie so was in Deutschland schmackhaft gemacht werden könnte. Da würde mir auch einiges einfallen.

      Ich vermute, dass die Kriterien in China jetzt vielleicht auch noch nicht komplett festgelegt sind, zumal sie dann später ja auch je nach Erfordernissen, politischer Wetterlage etc. angepasst werden können. Und bezeichnend ist es ja auch, dass es beispielweise auch um leichteren Zugang zu Arztterminen etc. und damit direkt um existentielle Fragen geht. Eigentlich unglaublich. Und wenn dieses System erst einmal etabliert ist, wie könnte es überhaupt auf einer demokratischen Basis verändert bzw. abgeschafft werden?

      1,4 Milliarden Menschen ...

  3. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor fast 6 Jahre

    Und eine weitere Black Mirror Folge, die Realität wird.

  4. David Simeth
    David Simeth · vor fast 6 Jahre

    Wie schön war das, als wir uns in der Schule über die Orwellschen "Dystopien" ereifern durften...
    Äußerst originell in diesem Kontext finde ich aber, dass eine "repräsentative Befragung von 2200 Chinesen durch die Freie Universität Berlin" zu diesem Thema durchgeführt wurde... repräsentativ ist statistisch gemeint, klar, aber nach der Lektüre des Artikels scheint es doch nicht unwahrscheinlich, dass die Befragten befürchten mussten, ihre Antworten würden sich ggfs negativ auf ihren Score auswirken...

    1. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor fast 6 Jahre

      Wegen Orwell: Dieses Scoring ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir tatsächlich auf eine ziemlich exakte Mischung aus "Brave New World" und 1984 zusteuern. Hätte wohl keiner der beiden Autoren gedacht...und ich damals in der Schule natürlich auch nicht:€

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