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Zeit und Geschichte

"Wir aber brauchen ein Bewusstsein für das Verbindende." Ein Brief an die rebellische Jugend

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMittwoch, 15.07.2020
Wenn ein Hund auf die Autobahn läuft, wird er überfahren. Wenn es aber Hunderte sind, halten die Fahrzeuge.

Es kommt darauf an, wie viele Hunde sich auf der Autobahn versammeln.

So begründete Heiner Müller seine Aktivitäten nach 1990. Der 1929 geborene Klassiker meinte sogar, meine Enkel werden mich verstehen.

Und seitdem diese wegen der Klimakatastrophe demonstrieren, begeben sich auch Ältere als "Hunde auf die Autobahn". So auch bei diesem offenen Brief.

Die Schreiber und Unterzeichner sind u. a. der Schriftsteller Ingo Schulze, der Historiker Peter Brandt oder die Politikerin und Publizistin Antje Vollmer.

Wir glauben, in unserer politischen Arbeit das ganzheitliche Denken, das Denken in ökologischen Kreisläufen und historischen Zusammenhängen gelernt und praktiziert zu haben. Quantitatives Wachstum kann kein Ziel mehr sein. Mit dem Aufkommen der Frage nach den natürlichen Lebensgrundlagen ist aber die soziale Frage, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts für Linke bestimmend war, nicht erledigt. Beide zu verbinden – das haben wir uns zur Aufgabe gestellt.

Das klingt noch nicht doll, aber wer bedenkt, dass viele der Briefschreiber (und auch vergleichbare Personen) bislang vor allem als Einzelne auftraten, ist das eine relevante Veränderung.

Sie versuchen eine Verbindung zwischen den Generationen und den Engagements herzustellen. Neben der Klimakatastrophe und der sozialen Frage sehen sie die Friedensbewegung als dritte Säule für ein neues Gemeinsames.

Wir sind im Schatten des letzten Krieges und inmitten des Kalten Krieges aufgewachsen. Ein Krieg ist aber nicht vorbei, wenn er vorbei ist. Er wirkt in Feindbildern, Traumata und Hasspropaganda weiter. Krieg bedeutet die größte Vernichtung von Lebenswelten und die stärkste Bedrohung von Zukunftschancen kommender Generationen.

Kurzum, die zwischen 1931 und 1962 geborenen Briefschreiber versuchen, Ideen und Gruppen zu bündeln, um das gesellschaftliche Kräfteparallelogramm zu verändern. Erst kräftige Bewegungen können politische Parteien zum Umbau des Landes zwingen. Ansonsten droht, was bislang oft der Fall war, dass veränderungsbereite Personen ab und zu mal ein Amt bekommen, aber dennoch keine ausreichende Macht.

Unser Ziel muss die Bildung einer politischen Kraft sein, die dem oberen Drittel der Einkommens- und Vermögenspyramide, besonders den Superreichen, durch die Abschöpfung obszönen Reichtums einen Solidarbeitrag abtrotzen kann. Denn Hunderte von Milliarden Euro, die nicht investiert, sondern im internationalen Kasinokapitalismus verzockt werden, müssen für ökologische Investitionen und soziale Zwecke recycelt werden. Wer seine Gewinne privatisiert und seine Verluste sozialisiert und dabei die Welt ins ökologische und soziale Desaster gelenkt hat, muss zur Verantwortung gezogen werden.

Es geht darum, das "Gemeinsame in vielen gegenwärtigen Aufbrüchen hin zu einer solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft" in ein breites Bündnis zu überführen.

"Wir aber brauchen ein Bewusstsein für das Verbindende." Ein Brief an die rebellische Jugend

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