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Volk und Wirtschaft

Wenn Pflege Profit bringen soll, leidet die Qualität

Antje Schrupp
Politikwissenschaftlerin, Journalistin
Zum Kurator'innen-Profil
Antje SchruppDonnerstag, 12.08.2021

Bis vor wenigen Jahrzehnten war professionelle Altenpflege in Europa fast ausschließlich eine Dienstleistung von Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände – Kirchen, Arbeiterwohlfahrt und andere gemeinnützige Organisationen. Doch mit dem Neoliberalismus der 1980er Jahre wurde der Markt für private Unternehmen geöffnet. Inzwischen sind in Großbritannien 76 Prozent aller Heime in privater Hand, in Spanien sogar 80 Prozent, in Deutschland betreiben gewinnorientierte Unternehmen 43 Prozent aller Pflegeeinrichtungen.

Hatte die Öffnung für private Dienstleister anfangs tatsächlich dazu beigetragen, die behäbigen Strukturen der traditionellen Pflege aufzulockern und sie strukturell zu verbessern, hat sich dieser Effekt nach einer Gemeinschaftsrecherche von Investigate Europe inzwischen ins Gegenteil verkehrt. Vielerorts sind nicht mehr kleine Unternehmen, sondern riesige internationale Konzerne in das Geschäft mit der Pflege eingestiegen, die das Ganze in erster Linie als Renditeobjekt sehen. Vor allem aufgrund von zu niedriger Personaldecke leidet oftmals die Qualität und damit die Würde der betreuten Menschen erheblich. Gelder, die von Privatpersonen und der öffentlichen Hand in die Pflege gesteckt wird, werden so teilweise direkt in Gewinne umgeleitet. 

Die ersten Länder – etwa Österreich – wollen daher die Altenpflege wieder dem privaten Gewinninteresse entziehen. 

Wenn Pflege Profit bringen soll, leidet die Qualität

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Kommentare 13
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

    Der Artikel bringt nicht einen Beleg, das es am Profit liegt. Nichts deutet darauf hin, das kommunale oder staatliche Heime besser ausgestattet wären oder sind. Ein so wichtiges Thema bedarf eigentlich einer vorurteilsfreien Analyse.

    1. Ferdinand H
      Ferdinand H · vor mehr als 3 Jahre

      Pflegeheime bringen etwa 10% Gewinn Marge. Allerdings nicht nur für private Anbieter sondern auch für die kirchlichen Träger.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Ferdinand H Und wieviel dieser Gewinne fließen in Steuern und Investitionen? Was wäre, wenn keine Gewinne gemacht werden dürfen? Würde dann die Personaldecke gestärkt? Oder würde nicht die Effizienz sinken? Staatsbetriebe sind ja nicht gerade für sparsame bzw. effiziente Verwendung der Ressourcen bekannt. Die eigentliche Frage ist doch, wieviel ihrer Ressourcen kann oder will eine Gesellschaft in den sozialen Sektor stecken und wie effizient und human kann man das umsetzen.

    3. Harald Schumann
      Harald Schumann · vor mehr als 3 Jahre

      Vielleicht sollten Sie sich die Mühe machen, den Original-Artikel und die zugehörigen Interviews zu lesen?
      https://www.tagesspieg...

      https://www.investigat...

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Harald Schumann Die sind doch auch nicht viel aufschlußreicher. Hier wird auch so getan, als ob für den Mißstand in der Pflege allein/vorrangig der Profit verantwortlich wäre. Aber in den öffentlichen/gemeinnützigen Heimen die in D gut 50% ausmachen, ist der Zustand doch keinesfalls besser. Die Privatisierung wird aber für den Gesamtzustand verantwortlich gemacht. Das ist keine vorurteilsfreie Analyse. Zumal die Finanzierung ja an öffentlichen Geldern hängt. Warum geben denn Kommunen etc. ihre Heime ab, wenn diese mit den bereitgestellten Mitteln so einfach und in hoher Qualität zumindest kostendeckend zu betreiben wären?

    5. Ferdinand H
      Ferdinand H · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Weil sie dann nicht mehr verantwortlich sind, unter anderem. Ich denke dass das Effizienzdenken in Pflegeheimen kein System ist welches für die Bewohner vorteilhaft ist. Selbst wenn der Staat uneffizient arbeitet (was nicht gesagt/bewiesen ist), dann würde er immernoch keine Gewinne abfließen lassen sondern diese wahrscheinlich in Personal investieren. Und damit ist es viel besser investiert als im Geldbeutel von Aktionären oder Kirchen.

    6. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Ferdinand H Also ich bin in einem Staat groß geworden und habe dort gearbeitet, in dem alle Institutionen und fast alle Wirtschaftseinheiten im staatlichen Eigentum waren.Das hat letztlich zur Armut für fast alle geführt und zu ziemlich prekären Gesundheits- und Sozialsystemen. Wer das nicht als Beweis oder zumindest als starkes Indiz gelten lassen will, dem ist nicht zu helfen. Dann müssen wir das halt noch mal durchmachen. Zu glauben, das es da nicht so sehr auf Effektivität ankommt ist bestenfalls naiv. Verluste kann man jedenfalls nicht investieren. Und Ressourcen sind gerade bei geringer Effizienz umso knapper. Die Gewinne verschwinden übrigens nicht in irgendwelchen Geldbeuteln und werden nur in kleinen Teilen privat konsumiert. Sie werden großteils reinvestiert. Nur so können notwendige neue Sozialeinrichtungen entstehen. Ein Staat, der keine Gewinne oder Überschüsse in seinen Unternehmungen generiert, kann diese auch nicht investieren. Er greift auf die Überschüsse der anderen zu und subventioniert. Man kann das bei der Bahn und früher der Post klassisch beobachten.

    7. Ferdinand H
      Ferdinand H · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Geld zum investieren muss da sein, das ist klar. Aber Geld aus einem Bereich zu machen der eigentlich gar nichts produziert ist etwas anderes. Man kann ja Gewinne aus Sachen erzielen die produziert werden oder Dienstleistungen für Konsum und Wirtschaft. Aber das Gesundheitssystem sollte nicht als produzierendes Gewerbe gesehen werden welches Gewinne abwerfen muss. Auch ich wünsche mir keine DDR zurück, hinterfrage aber ob wir alles zu einem Geschäft machen müssen. Ich denke da gibt es auch einen Mittelweg

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Ferdinand H Natürlich muß man nicht alles zu einem "Geschäft" machen. Aber man sollte als Gesellschaft alles so effizient wie möglich tun. Gerade in einem Sektor, der einige (2-3) Prozent unseres BIP umfasst. Gleichzeitig ist Pflege eine Dienstleistung, die bezahlt werden muß. Also ist ein Unternehmen mit wirtschaftlicher Rechnungsführung ein gutes Instrument. Auf der anderen Seite legt der Staat Preise, Rahmenbedingungen und Löhne fest. Das er das nicht perfekt/schlecht tut, die Kontrolle vernachlässigt, ist sicher richtig. Aber man sollte das nicht allein den Firmen zur Last legen, unter denen es schwarze Schafe gibt. Ob die Kontrolle besser wäre, wenn dieser Staat eigene Institutionen beaufsichtigt, sich also selbst kontrolliert, wage ich zu bezweifeln. Auch, das dadurch die Kosten sinken und die Qualität steigen würde.

    9. Ferdinand H
      Ferdinand H · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Aber das Grundproblem bleibt ja, gute Wirtschaftsführung hin oder her. Die Pflege ist überlastet und findet keinen Nachwuchs. Fragt man Pflegekräfte was schief läuft, kommt als Antwort das es früher mehr Personal gab (nicht unbedingt Pflegekräfte auch anderes Personal). In unserem Effizienzbasierten system wird versucht mit möglichst wenig Personen möglichst viel zu tun. Aber wir kommen an die Grenzen. Ich glaube es braucht deswegen einen Systemwechsel. Außerdem muss man bei der Effizienz immer dem Adressaten betrachten. Ist das System effizient für die Kapitalgeber oder ist das System effizient für den Patienten? Ich wünsche mir ein System wo es darum geht effizient gegenüber dem Patienten zu sein.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Ferdinand H Aber das unser Pflegesystem überlastet ist, hat nichts mit den Gewinnen zu tun. Es liegt vor allem daran, das die Zahl der sehr Alten steigt. Über Mangel an Pflegekräften beklagt man sich in meiner Erinnerung schon immer. Da ist auch viel Nostalgie im Spiel. Und unser Arbeitskräftepotential ist (zunehmend) insgesamt begrenzt. Also Effizient muß es insgesamt auch für die Gesellschaft sein. Man muß also nach mehreren Kriterien optimieren, nicht nur nach einem. Da hilft wünschen erst mal nichts.

    11. Ferdinand H
      Ferdinand H · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Doch es hat sehr wohl mit den Gewinnen zu tun. Kosten im Pflegeheim können vor allem durch die Personalausgaben gesteuert werden, da es sehr Personalintensiv ist. Gewinne die abgeschöpft werden gehen auf Kosten der Personaldecke, das geht gar nicht anders.

    12. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Ferdinand H Wir reden aneinander vorbei. Ineffiziente, nicht an Kosten orientierte Heime erhöhen die Personalausgaben. Ohne zwangsläufig die Pflege zu verbessern. Und sie kosten u.U. mehr als die 10% Umsatzrendite, die z.T. in die Modernisierung fließen. Jedenfalls habe ich noch nicht gehört/bewiesen gesehen, dass die Heime, die nicht im Besitz von Konzernen sind grundsätzlich besser und zu günstigeren Kosten sowie mit mehr Personal arbeiten.

      Wenn der Staat höhere Personalschlüssel wünscht und eine bessere Bezahlung (was ich auch für richtig halte), kann und muß er das in den Rahmenbedingungen festlegen. Und für die Kostendeckung sorgen, sprich die Beiträge oder die Steuern erhöhen. Das muß er aber den Wählern auch kommunizieren und nicht immer die böse Wirtschaft vorschieben.

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