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Feminismen

Gegen den Hass, der aus den Gräben quillt: mein Abschied von piqd

Barbara Streidl
Journalistin, Musikerin
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Barbara StreidlDonnerstag, 01.10.2020

Vor über vier Jahren, im Juni 2016, habe ich meine ersten Texte hier gepiqt. Es ging um die Hausfrauenehe, Hillary Clinton und den Einsatz von Vätern in der Familie. Und es ging auch um das feministische Dauerbrennerthema: Den Hass, den Frauen* erleben, wenn sie sich öffentlich äußern. Wenn sie aufstehen gegen Antifeminismus und strukturelle Benachteiligung. Wenn sie sich nicht an den Po langen lassen, noch nicht mal verbal. Wenn sie das patriarchale Spiel nicht mitspielen, weil die Diskriminierung qua Regeln sie abstößt. Dann kommt ein Gegenwind auf, der die, die sich nicht fügt, umwehen soll. Dagegen anzugehen, dafür braucht es Mut – das hat gerade auch eine Podiumsdiskussion auf der Jahrestagung des Journalistinnenbundes gezeigt:

Hasstiraden und sexualisierte Beschimpfungen müssen Journalistinnen und Politikerinnen dabei jedoch nicht hinnehmen. Um sich wirkungsvoll dagegen zu wehren, brauchen sie aber weit mehr Unterstützung als das derzeit der Fall ist.

Auf dem Podium in Berlin saß auch Renate Künast, die gegen den Hass, den sie als Grünen-Politikerin erfährt, angegangen ist (mehr dazu hier) – als Opfer will sie aber nicht gesehen werden. Wer will das schon? Frauen* brauchen kein Mitleid, sondern Sichtbarkeit, und wir alle brauchen Orte, an denen diskutiert wird über das, was Gräben zwischen Menschen aufklaffen lässt, wenn es um Themen wie Abtreibung, Gender Pay Gap, Sexismus oder sexualisierte Gewalt geht. Denn aus diesen Gräben quillt leider oft Hass hervor, den auch ich von fiesen Kommentaren bis hin zu Morddrohungen kennengelernt habe. 

Was macht der ganze Hass, der Frauen entgegenspringt? Einige Frauen macht er zornig – für sie ist Wut ein Motor, wie etwa die Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez in ihrer Reaktion auf sexistische Anfeindungen zeigt (mehr dazu hier):

AOC war gar nicht hysterisch, aber offensichtlich total wütend, natürlich zu Recht.

Dass Wut nicht nur rotglühend, sondern auch analytisch sein kann, hat die Schwarze Schriftstellerin Caroline Randall Williams aufgeschrieben in "My skin is a monument" (mehr dazu hier).

I am a black, Southern woman, and of my immediate white male ancestors, all of them were rapists.

Dass der Kampf gegen Hass, Antifeminismus und Hohlköpfigkeit aber auch so anstrengend sein kann, dass eine starke Frau sich davon zurückzieht, zeigt Sookee. Hocherhobenen Hauptes hat sie sich aus dem Musikbiz zurückgezogen, weil sie kein Wreckingball mehr sein möchte (mehr dazu hier).

Es gab an mich den Anspruch, feministische Themen an eine breite Masse zu vermitteln. Von dort kommt dann der Vorwurf: versteht kein Mensch, total elitär! Gleichzeitig wurde die Debattentiefe immer krasser. Das ist wahnsinnig viel Druck.

Meinem Abschied von piqd liegt kein feminist burnout zugrunde, der Kampf gegen Antifeminismus und Hass und Hohlköpfigkeit ist für mich noch nicht zu Ende; ich wechsle nach vier Jahren nur den Schauplatz (hört mir gerne zu in meinem neuen feministischen Podcast "Stadt, Land, Krise", den ich gemeinsam mit Laura Freisberg für Frauenstudien München mache).

Zuletzt gibt es noch eine Frage, ich freue mich auf Beantwortung in den Kommentaren:

Frauen sind hormongesteuert, Männer können einfach nicht zuhören, Mütter haben sich immer schon um Kinder gekümmert und ein Mann in der Midlifecrisis muss einfach mal fremdgehen: Wo zieht ihr die Grenze, an der ein Gespräch über die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht mehr weitergeführt werden kann?

Gegen den Hass, der aus den Gräben quillt: mein Abschied von piqd

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Kommentare 29
  1. Evelyn Kuttig
    Evelyn Kuttig · vor 4 Jahren

    Schade, liebe Barbara! Ich werde Deine kluge Art und Weise, Zusammenhänge herzustellen und zu erklären, vermissen. Als Leseratte konnte ich mich bisher nicht für Podcasts erwärmen.

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Danke, dass dir meine piqs gefallen haben, liebe Evelyn, und dann bleibt mir ja nur zu sagen, ich schreibe auch Bücher ... (etwa "Feminismus" in der 100-Seiten-Reihe von Reclam. Vielleicht ist das ja was. Und: In den Podcast geben wir auch viele Buchempfehlungen, die stehen auch in den Shownotes (die kannst du lesen ohne zuzuhören).

  2. Monika Kienle
    Monika Kienle · vor 4 Jahren

    Schade, der Podcast ist nicht auf den Podcast-Platformen.
    Macht ihr das noch?

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Liebe Monika, bei Spotify findest du ihn - wo hast du denn nachgesehen? Und hier natürlich auch: http://www.frauenstudi...
      Danke fürs Interesse!

    2. Monika Kienle
      Monika Kienle · vor 4 Jahren

      @Barbara Streidl Podcast-addict ist mein Favourit. Da fand ich ihn nicht

    3. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      @Monika Kienle Podcast "Stadt, Land, Krise" has just been submitted.
      It should be available in the app within the next 24 hours.
      URL: https://podcastaddict....

    4. Monika Kienle
      Monika Kienle · vor 4 Jahren

      @Barbara Streidl Schon da. Tausend Dank.

  3. Alexander Matzkeit
    Alexander Matzkeit · vor 4 Jahren

    Mach's gut und weiter gutes Podcasten!

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Merci - und wir "hören" uns

  4. Julia Schwam
    Julia Schwam · vor 4 Jahren

    Ach das ist wirklich schade! Ich fand viele deiner Piqs gut und mochte deine Art die Dinge im Anpiq hin und her zu überlegen sehr gerne.

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Danke, liebe Julia!

  5. Meike Leopold
    Meike Leopold · vor 4 Jahren

    Liebe Barbara, wie schade zu hören! Wir bleiben in Kontakt. In den Podcast höre ich gleich mal rein! glg, Meike

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Prima, und auf jeden Fall! :-)

  6. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 4 Jahren

    Ich würde an keiner Stelle aus deiner Frage die Grenze ziehen. Oder zumindest nicht nur deshalb. Solche Aussagen sind anstrengend dumm und zeugen nach meiner Erfahrung eher von absoluter Unreflektiertheit, als von Hass, Hetze oder Feindlichkeit. Wenn ich also einigermaßen Energie habe, würde ich vermutlich versuchen zu argumentieren und zu erklären.
    Grenze ist Hass, Grenze ist Aggression oder jede Art von Bereitschaft zur Gewalt - wenn jemand so etwas sagt oder auch wenn ich es raushöre oder meine rauszuhören, dann würde ich mir von meinem Einsatz nichts versprechen, bzw. könnte es mir allermeistens auch nicht zumuten weiterzureden.

    Ich verstehe schon wie viel anstrengender es für Frauen ist, als für mich, diese Debatten (also die "vor" dem ausgesprochenen Hass) immer wieder zu führen. Und auch wenn keine sie führen muss, bleibt einem als Feminismus unterstützender Mann nichts anderes übrig, als immer wieder um diesen Einsatz und diese Geduld zu werben. Zumal ich sie vielleicht auch immer noch mal wieder selber in Anspruch nehmen muss.

    In diesem Sinne - danke Barbara für deinen Einsatz hier! War ja auch nicht immer ohne Gegenwind und es war jedes einzelne mal wichtig und gut, wenn Mann hier was gelernt hat, weil du die Geduld gefunden hast zu empfehlen und zu erklären.

    1. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      Gerne, lieber Marcus.
      Und das mit "keine Grenze" ist theoretisch eine gute Idee (Hannah Arendts Idee einer pluralistischen Gesellschaft gefällt mir auch ...), doch in der Praxis nicht immer durchzuhalten. Nicht, weil Diskussionen und Debatten nichts brächten, wenn ich mein Gegenüber nicht "überzeugen" kann (let's agree to disagree ist oft ein gutes Ergebnis). Sondern weil ich es in manchen Situationen nicht ertrage. Jürgen Wiebicke hat das mal so erklärt, dass seine Gesprächsbereitschaft dort Grenzen hat, wo er merkt: „Da will mich jemand weghaben.“

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 4 Jahren

      @Barbara Streidl ja - das meint wahrscheinlich etwa das Gleiche was ich gemeint habe...es reicht mir schon, wenn ich merke, dass jemand jemand anders "weghaben" will.
      Und ich halte es auch in anderen Themen bei weitem nicht immer durch und muss oft einfach gehen oder eben das Gespräch verlassen. Jede/r wie sie/er kann.

    3. Barbara Streidl
    4. Monika Kienle
      Monika Kienle · vor 4 Jahren

      @Marcus von Jordan Ich wünsche mir, dass Männer viel öfter andere Männer hart angehen, anstatt nur zuzuschauen, wie jemand versucht, eine Frau vorzuführen.

      Ich fand die Stille der Männer nach dem Künast-Urteil ohrenbetäubend.

    5. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 4 Jahren

      @Monika Kienle Kann ich nicht sagen. Bin aktives Mitglied bei den Grünen und in meiner Bubble war es nicht still und mir wäre kein geschlechtsbezogener Unterschied aufgefallen.
      Aber ja- noch mehr Einsatz wäre auch für die, die schon welchen zeigen sehr hilfreich.

    6. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      @Monika Kienle Ich geb dir Recht, Monika, und vor allem wünsche ich mir das von denen, die nicht in der Grünen- oder Feministen- oder Anti-Wachstum-Bubble wie etwa Marcus (s.u.) sind - sondern von denen, die einfach nur sind, und nicht immer irgendwo dabei. Die haben auch eine Stimme.

    7. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor 4 Jahren

      @Barbara Streidl Als Vater von drei Kindern, wovon zwei sehr starke junge Frauen sind, freue ich mich was diese für ein Standing haben. Die lassen sich von Niemanden auf der Nase herumtanzen und können teilweise besser diskutieren als ich. Das freut mich sehr und war mir immer mit am Wichtigsten. Was kann ich mehr tun als Vater und Mann.

      Babara Streidl, alles Gute für die Zukunft. :-)

    8. Barbara Streidl
      Barbara Streidl · vor 4 Jahren

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Danke - und wunderbar, was du da beschreibst!

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