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Der lange Atem des Kalten Krieges: Das neue Grundlagenbuch des Harvard-Historikers Odd Arne Westad
Autor und Journalist
hat Literatur und Performance Studies studiert, als freier Korrespondent in New York und als Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften gearbeitet. Seine Texte erscheinen in einer Reihe von Zeitungen und Magazinen, unter anderem in der ZEIT, der Weltkunst, DU, Mousse und im Philosophiemagazin. Er ist Autor der Biographie "Susan Sontag. Geist und Glamour" (Aufbau / Northwestern University Press) sowie der Essaybände "Nüchtern. Über das Trinken und das Glück" und "Zuhause. Die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen" (Hanser Berlin). Er lebt in Berlin.
Dieser Text referiert die Ideen des Harvard-Historikers Odd Arne Westad, der gerade ein neues Buch über die Geschichte des Kalten Krieges geschrieben hat - und zwar aus einer globalen Perspektive. Die Hälfte der Weltbevölkerung ist heute zu jung, um Erinnerungen an jene weltweite Auseinandersetzung zu haben. Der Artikel fasst nicht nur die historischen Ereignisse, sondern auch die Historikertradition, darüber nachzudenken, sehr klug zusammen. Westads Forschungen ließen die bisherigen Untersuchungen zum Kalten Krieg ziemlich alt aussehen, so der Autor dieses Textes. Westad interpretiert den Konflikt als einen Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus um die Verteilung globaler Ressourcen. Dementsprechend übte er auch auf die ganze Welt Einfluss auf - von der Entkolonialisierung über das Entstehen der "Dritten Welt" und die Entwicklung westeuropäischer Demokratien bis zu den Gewaltherrschaften in Osteuropa. Daher hinterlässt das Erbe des Kalten Krieges auch heute noch an Orten seine Spuren, wo man es nie vermuten würde. Der heutige Nordkorea-Konflikt ist zum Beispiel ein direktes Resultat davon. Da darüber hinaus der Eindruck entstand, die Ideologie des "Kapitalismus" habe gewonnen, nicht seine Produktionsstatistiken, wurden eine Reihe von Ländern der Hybris einer Marktideologie ausgesetzt, die bei ihnen nicht unbedingt funktioniert, von den Ländern des ehemaligen Ostblocks über Irak bis zu Afghanistan. Auch die heutige Radikalisierung der politischen Debatten kann nur stattfinden, weil das jeweilige ideologische Feindbild fehlt, an dem man sich abarbeitet und gegen das man gemeinsam kämpft. Und schließlich: In ihrem Kampf um globale Ressourcen haben beide Supermächte keine Rücksicht auf die Umwelt genommen. Es sei nicht unwahrscheinlich, so Westad, dass wir irgendwann auf diese Ära zurückschauen und sehen werden, dass die Menschheit an dem atomaren Massengrab vorbeigehuscht ist, während sie zugleich dabei war, sich das nächste zu schaufeln.
Quelle: Patrick Iber EN newrepublic.com
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