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Referent in der Internationalen Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung und Redaktionsleiter des Online-Journals Internationale Politik und Gesellschaft (www.ipg-journal.de). Zuvor unter anderem leitender Redakteur bei der Orientzeitschrift zenith. Studium der Geschichte, Medienkultur und Französisch in Hamburg und Haifa.
Es ist den pro-europäischen Kommentatoren nicht zu verdenken, dass sie die Wahl Emmanuel Macrons als Wahl für Europa interpretieren. Es ist für die gebeutelten Europa-Fans das lang ersehnte Aufatmen, nachdem ihnen über so lange Zeit der Atem stockte. Allerdings ist dies längst nicht die Zeit zum Verschnaufen. Die Franzosen haben nicht wegen, sondern trotz seiner pro-europäischen und marktliberalen Ideen für Macron gestimmt. Keiner der anderen Kandidaten hatte eine pro-europäische Agenda, die dezidierten EU-Gegner, die rechtsextreme Marine Le Pen und der linksextreme Jean-Luc Mélenchon, kamen im ersten Wahlgang zusammen sogar auf mehr als 40 Prozent der Stimmen.
Und damit kommen wir zur zweiten Fehleinschätzung: Ja, es ist ein Novum in der französischen Geschichte, dass ein erst 39-Jähriger zum Präsidenten gewählt wird. Nein, das heißt aber natürlich nicht automatisch, dass dies nun ein Signal an, oder gar von der Jugend in Frankreich sei. Die Jungwählerinnen und Wähler haben sich im ersten Wahlgang zu 60 Prozent auf die Extreme, in etwa gleichen Teilen auf Mélenchon und auf Le Pen, aufgeteilt. Sicher ruhen auf Macron die Hoffnungen der jungen, urbanen, gut ausgebildeten, kosmopolitischen Jungwähler. Aber diese haben von der Politik Macrons auch am wenigsten zu befürchten. Im Gegenteil, sie gehören zu den potentiellen Gewinnern der Globalisierung und eines offenen Frankreichs und Europas.
Fehleinschätzung Nr. 3: Nach den Präsidentschaftswahlen in Österreich und den Parlamentswahlen in den Niederlanden frohlockten bereits die ersten, der Populismus sei nunmehr ein Abstiegskandidat. Eine fatale Fehleinschätzung wäre dies auch in Bezug auf Frankreich. Marine Le Pen hat in der Wahlnacht bereits angekündigt, nun in der Opposition den Kampf der „Patrioten“ gegen die „Globalisten“ führen zu wollen. Solange die Globalisierung Verlierer produziert, und das ist meine Leseempfehlung, ist die Gefahr des Populismus und die Gefahr für ein geeintes Europa nicht gebannt.
Quelle: Joseph E. Stiglitz project-syndicate.org
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"Wenn es den Verlierern weiterhin schlechter geht, warum sollten sie dann die Globalisierung und eine marktorientierte Politik unterstützen? Tatsächlich liegt es in ihrem Interesse, sich Politikern zuzuwenden, die Widerstand gegen diese Veränderungen leisten." Das halte ich für einen ausgesprochen wichtigen Punkt, der beim Gerede über die Zeit der Post-Aufklärung häufig untergeht. Die Wähler von Trump&Co. haben in dieser Hinsicht die Vernunft durchaus auf ihrer Seite. Unvernünftig ist nur zu glauben, Trump&Co. hätten Lösungen für die Probleme.
Wieder mal ein guter Stieglitz. Ich teile seine Einschätzung: http://lostineu.eu/non...
Man kann den ersten nicht gegen den zweiten Wahlgang aufrechnen. Und: 65 % der Wähler haben gegen Radikalismus gestimmt, und damit für eine grundlegend europäische Idee.
Gewagt und unstimmig sind die Sprachbilder, die im ersten Absatz direkt aufeinander folgen: Atem gestockt, aufatmen, verschnaufen. Hellmut Strobel