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Pop und Kultur

Jüdische Runde | Die Talkshow "FreitagnachtJews"

Malcolm Ohanwe
Journalist (Hörfunk, Fernsehen & Online)
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Malcolm OhanweFreitag, 30.04.2021

Ich liebe diese Talkshow. Ich liebe den Host. Ich liebe dieses ganze Format. In der Sendung "Freitagnacht Jews" trifft der Musiker und Schauspieler Daniel Donskoy auf unterschiedliche jüdische Persönlichkeiten aus Deutschland.


Wenn man sich für die euphorische Poetry-Slam-Art des Moderators Donskoy mit der perfekt sitzenden roten Schmalz-Locke begeistern kann, wird man dieser Sendung nicht widerstehen können.


Der mit coolem Schmuck drapierte Donskoy redet ungeniert über seine Penis-Beschneidung, über sein Gras-Konsum und gestikuliert sehr ausdrucksstark und sympathisch durch die Talkshow. Er singt und rappt sogar den Titel-Song.


"Freitagsnacht Jews" ist sehr knackig geschnitten, ästhetisch wunderschön aufgearbeitet und bildet sehr wichtige und informative Gespräche ab. Es gibt eine fesche Foto-Box zu Beginn der Interviews und es wird sehr lecker aussehende jiddische Küche zubereitet mit zugespielten Video-Tipps von jüdischen Menschen in Daniels Umfeld wie seiner Mutter oder einem konvertierten Star-Koch. Es gibt sogar Kamera-Winkel aus der Vogel-Perspektive, in der man die Sendung von oben herab sieht und sehr ansehnliche und praktische Infoboxen, die hebräische, jiddische, israelische oder jüdische Begriffe für Goyim (Nicht-jüdische Personen) erklären. 

In der ersten Folge sind die beiden Jüdinnen Mirna Funk (Autorin und Podcasterin) und Susan Sideropoulos (Schauspielerin) zu Gast und sprechen frei Schnauze über ihre Sozialisierung als jüdische Personen, sie besprechen ihre sogenannte Jüdischkeit oder besprechen sie ihr Judentum? In der Episode wird genau diese Frage diskutiert: Wie viel hat jüdisch sein mit Religion (Judentum) zu tun oder inwiefern ist es eher ein Feeling oder gar eine Nationalität (Jüdischkeit).

Sideropoulos, Funk und Donskoy sprechen in dieser Episode über das Dilemma, sich als Jüdisch zu "outen" und dann immer wieder auf das "Jüdisch sein" reduziert zu werden. Kommt man da raus, wenn man einmal erst offen jüdisch ist. Ist man dann für immer "der Jude"? In der zweiten Folge mit Buchautor Max Czollek lernen wir zum Beispiel auch Konzepte wie was es heißt zu einem Juden "gemacht" zu werden und was sogenannte "Vaterjuden" sind und warum die weißen Deutschen und Goyim allgemein eventuell als Zugewanderte in "Judistan" leben.


Eine Kleinigkeit, die ich mir persönlich wünsche: Die gekochten Gerichte, die Backgrounds der Gäst*innen inklusive Max Czollek aus Folge 2 und auch die kulturellen Referenzen würde ich jetzt als Laie aschkenasischen Jüdischen Menschen zuordnen (jüdische Leute ost- und zentraleuropäischer Herkunft). Sie sind auch mit Abstand die größte Gruppe in Deutschland, deshalb ist das naheliegend. In der Sendung lernt man nämlich auch, dass die allermeisten Juden Deutschlands Nachkommen sogenannter Kontigent-Flüchtlinge aus der Sowjetunion sind, die keine historischen Wurzeln in Deutschland haben. Es gibt aber auch die Gruppe der "indigenen" Deutsche Juden, die Nachfahren von deutschen Holocaust-Überlebenden sind. Ich vermute sehr viele jüdische Schwarze Menschen und/oder jüdische Menschen mit Wurzeln in Nahost, Nordafrika oder gar Indien gibt es hierzulande nicht, aber wenn sie sich finden lassen, würde es mich sehr freuen auch sie zu Gast zu sehen und zu erfahren wie sephardisches, misrachisches oder etwa äthiopisches Judentum in Deutschland aussieht.



Denn es gibt so viel Juden, die komplett Arabische Musik hören, die kein Wort Jiddisch sprechen, die ganz andere Gerichte kochen oder auch einen ganz anderen Phänotyp haben. Das abzubilden würde noch mehr die Heterogenität betonen, die selbst ich als Palästinenser lange nicht kannte, bis ich mal alleine durch Israel gereist bin und gesehen habe wie multikulturell Jüdisch-Sein eigentlich ist.



Erfrischend und wichtig finde ich, dass Religion in dem Format eigentlich keine große Rolle spielt, obwohl die Mehrheitsgesellschaft medial das Judentum oft gerne auf eine religiöse Praxis reduzieren will. Atheist und Jude beißt sich aber ganz und gar nicht. Jude und Christ und Muslim, sind keine Begriffe die 1 zu 1 nebeneinander stehen. Jüdin sein ist oft auch Teil einer kulturellen Identität, einer Volksgruppe zu sein, egal welchen Glauben man hat. Das müssen Leute verstehen. Ich denke, das ist vielleicht die beste Erkenntnis, die das Format bringt.



Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Folgen und hoffe J*hwe (In einigen Auslegungen des Judentums soll man G*ttes Namen nicht ausschreiben) wird uns mit vielen weiteren Folgen segnen.

Jüdische Runde | Die Talkshow "FreitagnachtJews"

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