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Kurator'in für: Klima und Wandel Fundstücke
Ole hat für die Bertelsmann Stiftung die internationale Blogger-Plattform Futurechallenges.org aufgebaut und beschäftigt sich dort nun mit den Wechselwirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Er ist Co-Founder der Menschenrechtsplattform www.futurechallenges.org und befasst sich mit der Fragen der Globalisierung, der Zukunft der Arbeit und mit den Wechselwirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Er schreibt auch auf www.netzpiloten.de, ist u.a. als selbständiger Berater zu digitalen Trends tätig und ist im Beirat des Colab_Digital aktiv. Alle hier geposteten Texte geben ausschließlich seine private Meinung wieder.
Heute möchte ich euch mal einen sehr ungewöhnlichen Text vorstellen. Es geht um die Äußerungen des katholischen Papstes in Form eines apostolischen Schreibens zur #Klimakrise unter dem Titel "An alle Menschen guten Willens über die Klimakrise".
Franziskus verweist deutlicher als dies konservative oder liberale PolitikerInnen bisher jemals getan haben, auf die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit der Menschen, die Arbeitsplätze, den Zugang zu Ressourcen hin, aus denen sich Zwangsmigrationen ergeben können. Für ihn ist die Klimakrise ein "globales soziales Problem", das vor allem die Menschen betrifft, die über die geringsten materiellen Ressourcen verfügen.
Franziskus ist sehr klar in der Akzeptanz der Realitäten, wenn er schreibt:
"Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor. (...) Ich sehe mich gezwungen, diese Klarstellungen, die offenkundig erscheinen mögen, aufgrund bestimmter abschätziger und wenig vernünftiger Meinungen vorzunehmen, die ich selbst innerhalb der katholischen Kirche vorfinde.
Er kritisiert die Akteure der Debatte, die versuchen, im eigenen Interesse Desinformation zur Klimakrise zu streuen oder auf "das Wetter" verweisen, das auch früher schon kalte und warme Phasen gehabt habe. Die Aktionen der Klimaaktivisten der Letzten Generation oder Extinction Rebellion werden sich künftig auch auf den Papst beziehen können, der sich ähnlich wie diese äußert:
"Wie immer scheinen die Armen schuld zu sein. Aber die Wirklichkeit ist, dass ein kleiner Prozentsatz der Reichsten auf der Erde die Umwelt mehr verschmutzt als die ärmsten 50% der gesamten Weltbevölkerung und dass die Pro-Kopf-Emissionen der reichsten Länder um ein Vielfaches höher sind als die der ärmsten."
In seiner umfassenden Analyse des Ist-Zustandes zeigt der Autor mit den Verweisen auf die Folgen der Klimakrise für die Temperaturentwicklung, die Entwicklung der Eisbedeckungen der Arktis und Antarktis, die Kipppunkte, die Beschleunigung der Erderwärmung, dass er sich auf dem aktuellen Stand der Klimawissenschaft befindet.
Besonders beeindruckt hingegen war ich von seiner klaren Kritik am unreflektierten Technikoptimismus (andere nennen es "Technologieoffenheit") und der Gier nach grenzenlosem Wachstum:
"Im Grunde genommen besteht es (das "technokratische Paradigma") darin, so zu denken, als gingen die Wirklichkeit, das Gute und die Wahrheit spontan aus der technologischen und wirtschaftlichen Macht selbst hervor. Von da aus gelangt man – als logische Konsequenz – leicht zur Idee eines unendlichen und grenzenlosen Wachstums, das die Ökonomen, Finanzexperten und Technologen so sehr begeisterte."
Auch erteilt er der neoklassischen Denkschule der Volkswirtschaftslehre mit ihrer Vorstellung der grenzenlos verfügbaren und gestaltbaren natürlichen Ressourcen eine Absage, wenn er betont:
"Wir können nicht einmal sagen, dass die Natur ein bloßer „Rahmen“ ist, in dem wir unser Leben und unsere Projekte entwickeln, denn wir sind in sie eingeschlossen, sind ein Teil von ihr und leben mit ihr in wechselseitiger Durchdringung."
Im weiteren Verlauf des Textes kritisiert er das Greenwashing der Unternehmen bei Projekten, die die Umwelt stark belasten und die sich dann versuchen, von den Schäden freizukaufen:
"Man denke nur an die kurzlebige Freude über das Geld, das man im Austausch für die Lagerung von Atommüll an einem Standort erhält. Das mit diesem Geld erworbene Haus hat sich in ein Grab verwandelt wegen der Krankheiten, die ausgelöst wurden."
Dem Versuch, mit Hilfe von fossiler Energie "schneller" als die Klimakrise zu sein, wie dies von erdölfördernden Staaten und Unternehmen derzeit - auch mit Blick auf COP 28 - propagiert wird, erteilt er - ganz auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft - eine klare Absage:
"Aber wir laufen Gefahr, in einer Logik des Ausbesserns, des Flickens und des Zusammenheftens gefangen zu bleiben, während im Untergrund ein Prozess der Verschlechterung voranschreitet, den wir weiter fördern."
Als hätte er die Versuche des konservativen und liberalen deutschen Lagers der letzten beiden Jahre, #Klimaschutz als "grüne Ideologie" zu labeln, analysiert, schreibt er gegen Ende des Textes:
"Hören wir endlich auf mit dem unverantwortlichen Spott, der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches, „Grünes“, Romantisches darstellt, das oft von wirtschaftlichen Interessen ins Lächerliche gezogen wird."
Der Text bietet Interessierten eine Vielzahl von erwähnenswerten und verwendbaren Zitaten, die sicher so manchen Klimaschutz-Verhinderer oder Klimawandel-Relativiererin überraschen würde.
Schade, dass der Papst nicht auch in der Frage des Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche einen ähnlich rigiden ethischen Kompass hat. Dieses Defizit könnte der moralischen Wucht dieses Textes durchaus schaden.
Quelle: Papst Franziskus www.vatican.va
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Papst Franziskus erläutert die Vielfachkrise besser als viele andere; sein Ausdruck "Weltkrieg auf Raten" könnte ein zentraler Ausdruck unserer Epoche werden.
Schon seine Neujahrsansprache war aufregend:
https://www.piqd.de/ze...
Auf die neue kann man gespannt sein.
Nein, diese Einlassung des Papstes ist viel zu unterkomplex, als dass eine ernsthafte Auseinandersetzung damit lohnt. Und schade auch, dass der Papst bei vielen anderen Themen nicht so klare Worte findet (Beispiele: Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine, Terrorprogrom der Hamas gegen Israel, Mitwirkung von Frauen in der Kirche). Nein - dieser Papst und die katholische Kirche sind keine Autoritäten mehr in der öffentlichen Auseinandersetzung. Burkhard Geis