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Kopf und Körper

Schlechte Krisenkommunikation macht eine Naturkatastrophe schlimmer

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

Zum Kurator'innen-Profil
Silke JägerDonnerstag, 17.12.2020

Effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sind das eine, wenn man es mit einem hochansteckenden Virus zu tun hat – das andere ist eine zielführende Krisenkommunikation. In Deutschland hat die Politik und mit ihr der politische Journalismus erreicht, dass weder das eine noch das andere so richtig Fuß gefasst hat. Das Ergebnis müssen wir jetzt alle zusammen irgendwie aushalten. Was nicht leicht ist, wenn man weiß, dass noch viel Luft nach oben war. Und das weiß eigentlich jede:r.

Über Maßnahmen zu streiten muss ja kein Nachteil sein. Es sei denn, man findet irgendwie kein Ende damit. Das kann sich auch darin zeigen, dass 16 Teamplayer immer wieder nur an den eigenen Tanzbereich denken und der Mannschaftskapitänin im Großen und Ganzen Appelle reichen – statt Kampagnen, die darauf abzielen, dass ganz unterschiedliche Menschen verstehen, warum sie was tun sollen.

Kritik an den Maßnahmen wurde meistens mit fehlender Ausgewogenheit und Balance begründet statt mit wissenschaftlichen Erkenntnissen – die zugegebenermaßen sehr lückenhaft sind, aber das hätte man dazusagen können. Wenn, ja, wenn man nicht hätte fürchten müssen, dass der politische Journalismus daraus wieder eine reißerische Schlagzeile macht.

Was genau da passiert ist, schlüsselt dieser Text sehr gut auf. Sechs Mechanismen finden die Autoren (einer von ihnen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen: Bernhard Pörksen). Sechs Gründe, warum nicht nur die Krisenkommunikation gescheitert ist, sondern mit ihr auch die Pandemiebekämpfungsstrategie im Herbst.

Ein wichtiger Text, den man nicht deshalb lesen sollte, weil man eh schon wütend ist. Sondern lieber, um zu verstehen, worauf es bei der Krisenkommunikation in Zeiten von Naturkatastrophen ankommt. Die Covid-Pandemie wird nicht die letzte Pandemie sein und nicht die letzte Naturkatastrophe. Es ist gut, dazuzulernen. Sowohl, was die Maßnahmen betrifft und wie man die Umsetzung organisieren und kontrollieren kann als auch, was das Reden darüber betrifft.

Mein persönlicher Vorschlag, der so nicht im Text steht: Die politischen Journalist:innen in den Redaktionen nicht allein lassen. Lieber Tandems bilden mit den Kolleg:innen aus dem Wissenschaftsressort. Und endlich ein modernes Public-Health-Wesen in Deutschland aufbauen.

Schlechte Krisenkommunikation macht eine Naturkatastrophe schlimmer

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Kommentare 6
  1. Renate Baumgart
    Renate Baumgart · vor 4 Jahren

    Ist leider nur ein Abo-Artikel

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      Ärgerlich. Als ich den piq schrieb, war der Text noch frei zugänglich.

  2. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

    Man kann auch den Medien mindestens einen Vorwurf machen. In der ersten Welle haben alle über die Reproduktionszahl R berichtet, sie dauernd erklärt und verfolgt. Irgendwann danach hörte das auf und hat seitdem nicht wieder begonnen. Es werden beinahe nur noch Inzidenz-Zahlen berichtet. Diese sind Momentaufnahmen, während der R-Wert die exponentielle Steigerungstendenz erkennen lässt. Hätten die Medien den R-Wert beharrlich und eindringlich wiedergegeben, wäre bereits im August, als er über 1 stieg und dann oben blieb, der Ernst der Lage klar gewesen. Auch die Kopplung der Kontaktbeschränkungen nur an die Indzidenz ist nicht besonders helle. Sie müsste auch an den R-Wert gekoppelt sein - dieser ist das Lenkrad, mit dem wir das Auto der Inzidenz steuern.
    Ich sehe hier eine eigentümliche Selbstbeschneidung des Diskurses, die ich nicht so ganz verstehen kann. Gut, bei vielen Redakteuren gibt es die Tendenz, Interesse mit Relevanz zu verwechseln. Verständlich: Interesse gibt Auflage, Relevanz nur mit Glück. Aber das kann's nicht sein.

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 4 Jahren

      Das entspricht ein einerseits auch der Logik des politischen Journalismus. Als die 50-er-Grenze und damit die Inzidenz zum Kriterium für Maßnahmen wurde, verschwand der R-Wert. Andererseits sind auf Regionen bezogene R-Werte auch nur schwer zu finden. Und der für ganz D geltende 7-Tage-R-Wert des RKI ist nicht so zielführend, wenn man über regional unterschiedliches Infektionsgeschehen berichten will.
      Dazu kommt, dass R-Werte um 1 sich nicht so dramatisch anhören, wie sie es sind, wenn die Zahl der bestätigten Neuinfektionen relativ hoch ist. Das ist also etwas komplizierter zu berichten als eine regional leichter zu verstehende 7-Tages-Inzidenz.

    2. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor 4 Jahren

      @Silke Jäger Verstehe, die Daten sind schlecht zu bekommen. Aber wenn man die Inzidenzen hat, kann man auch die R-Werte berechnen.
      Es ist richtig, dass das Gesamtbild besser durch beide - R und Inzidenz - dargestellt wird. Hat man aber nicht auch ein bischen den Auftrag, die Leserschaft an komplexere Darstellungen zu gewöhnen? Wenn man nur berichtet, was die Politik macht, ist man vollkommen reaktiv. Man muss die Sachen in Kontexte setzen, die außerhalb von dem liegen, was die Leute machen. Sonst nimmt man teil an einem Prozess der Verengung des Diskurses und des "Groupthink", ohne sich dessen bewusst zu sein.
      Bis zu einem gewissen Grad ist das unvermeidlich. Aber man muss es auf jeden Fall reflektieren.

  3. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor 4 Jahren

    Klingt gut, werde ich dann aber ... später lesen.

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