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Literatur

Sklaven des Wachstums

Thomas Durgeloh Oliva

Community piqer für: Literatenfunk, Volk und Wirtschaft, Zukunft und Arbeit, Wissenschaft und Forschung, Europa

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Thomas Durgeloh OlivaMontag, 11.09.2017

Wer steuert nun wen? Reiner Klingholz, Leiter des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, findet in „Sklaven des Wachstums“ (2014) dazu eine ernüchternde Antwort: Nicht Appelle an Politik, Unternehmen oder Bürger, nein, allein die Kraft neuer Fakten wird zur Umsteuerung führen. Seine zentrale These: „Die Menschheit wird sich mit Sicherheit fortentwickeln. Aber sie hat die Kontrolle darüber verloren. Wie es weitergeht, wird künftig immer weniger von unseren eigenen Vorstellungen abhängen, sondern immer stärker von normativen Einflüssen – von Entwicklungen, die wir nicht selbst steuern, sondern die uns steuern.“ (S. 106).

Limitierende Fakten sieht Klingholz – wie andere ja auch – in der Begrenzung der Rohstoffe, den volkwirtschaftlichen Kosten des Klimawandels, der Degradation der Böden und der Wasservorräte sowie in den demografischen Verschiebungen. Die erzwungenen Transformationsprozesse werden die Länder unterschiedlich treffen – aber ihnen entkommen wird niemand.

Für die reichen Staaten prognostiziert Klingholz ein Ende des Wirtschafts- wachstums – schrumpfende und alternde Bevölkerungen seien ein Grund dafür, Sättigungstendenzen und ökologische Kosten ein anderer: „Wir stehen bereits mit einem Bein im Postwachstum, ohne es geplant zu haben. Auch wenn manche ökologisch denkenden Menschen ein Ende des Wachstums herbeisehnen: Dass es nun kommen wird, hat nichts mit Einsicht zu tun. Es ist die Macht des Faktischen, die das Ende des Wachstums einleitet.“ (S. 107) Und weil uns darauf bisher vorerst „nur weiteres Wachstum“ einfalle, steuerten wir auf eine „gescheiterte Wachstumswirtschaft“ zu.

Die Schwellenländer („Aufsteigernationen“) werden laut Klingholz weiter aufholen, dem Wohlstandsmodell der Industrienationen folgen und damit den Ressourcenverbrauch weiter anheizen. Auch einigen afrikanischen Ländern traut der Autor wirtschaftliche Entwicklungssprünge zu; so würden die Mittelschichten in afrikanischen Städten bald an den Wohlstand der Wohlhabenden heranreichen und die Geburtenraten sich an jene der Europäer angleichen.

Düsteres sagt Klingholz all jenen Staaten voraus, die es nicht schaffen, den Massen im arbeitsfähigen Alter Arbeit und Einkommen zu verschaffen und damit Wirtschaftswachstum anzustoßen – in der Sprache des Bevölkerungsexperten: den „demografischen Bonus“ in eine „demografische Dividende“ (S. 223) zu verwandeln. Nigeria zählt für den Autor dazu, ein Land, in dem 90 Prozent der Erdöleinkommen in die Taschen der Eliten wandern. Da Nigeria ein gigantisches Bevölkerungswachstum aufweist und 2050 nach Indien und China das Land mit der drittgrößten Bevölkerung der Welt sein wird, zugleich eine Spaltung in einen christlichen und einen muslimischen Teil vorliegt, befürchtet Klingholz weitere Kriege in dieser Region.

Optionen für die Zukunft

China wird – so der Autor – mit massiven Umweltproblemen zu kämpfen haben und sich auch auf die Alterung seiner Bevölkerung einstellen müssen; doch die ökonomische Potenz werde es dem Land ermöglichen, die Herausforderungen zu meistern. Als warnendes Beispiel für eine erstarrende „Gerontokratie“ führt Klingholz Japan an, dessen Regierungen immer kürzer im Amt blieben und allesamt an den notwendigen demografisch gebotenen Reformen scheiterten. Für Europa insgesamt und Deutschland im Speziellen ist der Autor optimistisch, dass die Anpassungen ohne Schaden für die Demokratie gelingen können.

Die Grenzen des Wachstums seien auf unserem begrenzten Planeten offensichtlich, so die zentrale Botschaft des Autors: „Wir sollten daher das Abklingen des Wachstums in den reichen Ländern begrüßen und das notwendige Wachstum in den armen Ländern so ́schadenarm ́ wie möglich gestalten“ (S. 295).

Richtig diagnostiziert, kann man da nur sagen, bleibt die Frage nach dem entsprechenden Handeln. Doch vielleicht glauben die Eliten in Wirtschaft und Politik einem mit nüchternen Zahlen argumentierenden Experten wie Klingholz mehr als den warnenden Ökologen und Naturschützer? Der Optimismus von Klingholz gegen die „Hardcore-Marktwirtschaftler“ (S. 310) speist sich – da kehren wir an den Anfang zurück – aus der noch zu wenig spürbaren, aber kommenden Notwendigkeit für Veränderungen.

Neue nicht allein auf Rendite fixierte Unternehmensformen oder eine grundsätzliche Reform des Finanzwesens (auch Klingholz plädiert für eine „Vollgeldreform“) würden heute noch keine Chance auf Realisierung haben, sie seien aber „eine Option für die Zeit nach den nächsten Krisen“ (S. 309). Auch verbindliche Klimaziele hätten heute noch keine Chance, aber „irgendwann, wenn die Klimafolgen überhandnehmen und in der Mehrheit der Staaten Schmerzen verursachen, werden solche Vereinbarungen kommen“ (S. 311). Wollen wir es hoffen, damit die Menschheitsentwicklung in der Tat zu einer „Geschichte der Befreiung“ wird!

Sklaven des Wachstums

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