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Volk und Wirtschaft

Steigende Ungleichheit - nur ein Mythos?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlMittwoch, 06.12.2023

Allgemein dominiert die Meinung, die Ungleichheit sei in den USA besonders hoch und werde immer größer. Doch stimmt das wirklich? Folgen wir den Diskussionen in der Wissenschaft und nicht nur den Wissenschaftlern, die diese Meinung mit ihren Berechnungen versuchen statistisch zu stützen. Wissenschaft ist ja immer ein offener Erkenntnisprozess. Und so erzeugt eine aktuelle Studie von qualifizierten Wissenschaftlern, kürzlich im renommierten Journal of Political Economy (JPE) angenommen, für berechtigte Zweifel an der Unumstößlichkeit der immer mehr wachsenden Ungleichheit. Auch wenn wir uns an diese Erzählung quasi als eine Tatsache gewöhnt haben. Aber es könnte sein, dass sich das Trio der französischen Ökonomen (und ihre zahlreichen Follower) – Thomas Piketty, Emmanuel Saez und Gabriel Zucman – bei der Interpretation der Statistik im Dschungel der Steuerregeln, deren Auswertungen und den daraus abgeleiteten Zahlenmassive verlaufen hat. Kritik etwa an der Aussagekraft der Ableitungen, die Piketty aus seinen Zahlenbasen generiert, hat es ja schon immer gegeben (z.B. hier, bei Piqd hier oder da). Und auch der Artikel des ECONOMIST zitiert James Heckman, Nobelpreisträger an der University of Chicago mit dem Satz

Die Arbeit von Piketty und Saez ist nachlässig und politisch motiviert

Trotzdem bleibt es erstaunlich, wie stark die Ergebnisse solcher Einkommensanalysen von der genauen Kenntnis der komplexen sozialen Verteilungsmaschinerien abhängt. Und wie wenig wir darüber im Detail wissen.

So haben sich Piketty und Saez auf "Steuereinheiten" konzentriert, in der Regel auf Haushalte, die Steuern in einer einzigen Erklärung einreichen. Dies führt über längere Zeiten aber zu einem Drift gegenüber der Realität. Etwa dadurch:

In den letzten Jahrzehnten ist die Ehe unter ärmeren Amerikanern zurückgegangen. Infolgedessen scheint der Anteil des Einkommens der Spitzenreiter gestiegen zu sein, da die Einkommen der ärmeren Menschen auf mehr Haushalte verteilt sind, auch wenn die der reicheren Haushalte gepoolt bleiben. Die Herren Auten und Splinter stufen daher Einzelpersonen ein.

Es wurden auch die Leistungen der Arbeitgeber berücksichtigt, 

einschließlich der Krankenversicherung, die den Anteil der obersten 1 % im Jahr 2019 um etwa einen Prozentpunkt reduziert. … Alles in allem stellen sie fest, dass die obersten 1% nach Steuern etwa 9 % des Nationaleinkommens besteuern, verglichen mit den etwa 15 %, die von den Herren Piketty, Saez und Zucman gemeldet wurden. Während das Trio zu dem Schluss kommt, dass der Anteil der Top 1 % seit den 1960er Jahren stark gestiegen ist, finden die Herren Auten und Splinter praktisch keine Veränderung.

Die neue Analyse zeigt also, dass in den offiziellen Statistiken einerseits wesentliche Transfereinkommen und anderseits die Reduktion der verfügbaren Einkommen durch Steuern nicht berücksichtigt werden. Die NZZ fasst das Ergebnis einer weiteren Studie wie folgt zusammen:

Dahinter steckt nicht unbedingt böse Absicht, sondern ein nicht sachgerechter Formalismus. Da etwa bei den Sozialprogrammen Medicare und Medicaid der Staat direkt die Rechnungen bezahlt, fließt kein Geld zum Sozialhilfeempfänger. Doch wenn ein Dritter für Ausgaben aufkommt, entspricht dies einem Einkommen. Umgekehrt lässt das Census Bureau die Steuerzahlungen unberücksichtigt. Die Verzerrung ist also doppelt. Unter Einbezug aller Sozialhilfen und Steuerzahlungen erhält man ein anderes Bild der Sekundärverteilung. Das Durchschnittseinkommen des untersten Fünftels der Einkommenspyramide liegt dann 2017 bei 50 000 Dollar, jenes des obersten Fünftels bei 200 000 Dollar, das ergibt ein Verhältnis von 1 zu 4; in den Publikationen des Census Bureau beträgt es dagegen 1 zu 16,7. Die Ungleichheit hat sich seit 1947 leicht (um 3 Prozent) verringert und nicht, wie «offiziell», um 22,9 Prozent erhöht.

Auch der amerikanische Traum vom Aufstieg scheint demnach noch intakt. 

Über 90 Prozent jener, die in Familien mit niedrigen Einkommen geboren wurden, hatten in den 2000er Jahren absolut ein höheres Realeinkommen als ihre Eltern Ende der 1960er Jahre. Und zwei Drittel schafften sogar den Aufstieg in eine höhere Einkommensschicht, stellten sich also auch relativ besser.

Natürlich gibt es auch an der neuen Herangehensweise Kritiken. Ein Einwand ist etwa, 

dass fast alle ihre Modifikationen in die gleiche Richtung gehen - das ist etwas, was man a priori nicht erwarten würde", sagt Wojciech Kopczuk von der Columbia University. 

Auch scheint Splinter nicht tief genug 

über die potenziell verzerrenden Auswirkungen des Niedergangs der informellen Wirtschaft Amerikas nachgedacht zu haben. Die allmähliche Verlagerung von Barzahlungen auf direkte Überweisungen hätte ärmeren Menschen wie Reinigungskräfte und Taxifahrer zwingen können, mehr Einkommen in den Steuererklärungen zu melden, wodurch sie reicher erscheinen, obwohl sie es tatsächlich nicht waren.

Das französische Trio äußerte ebenfalls schon länger Bedenken an den alternativen Berechnungen. Piketty argumentiert etwa, 

dass "Auten-Splinter, um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, implizit davon ausgehen, dass das nicht besteuerte Arbeits-, Renten- und Kapitaleinkommen seit 1980 viel gleichmäßiger verteilt ist als das besteuerte Einkommen", was seiner Meinung nach unrealistisch ist. 

Wobei Emmanuel Saez laut ECONOMIST meint, dass diese Diskussionen die Ergebnisse von  Auten-Splinter nicht wesentlich geändert haben. Und so kommt Wojciech Kopczuk (z.Zt. auch Chefredakteur des Journal of Public Economics) zum Schluss,
dass wir zusammen mit früheren Papieren jetzt (weite) Grenzen dafür bekommen haben, wo die Wahrheit liegen könnte". Infolgedessen ist die Vorstellung, dass die Ungleichheit zunimmt, weit davon entfernt, eine selbstverständliche Wahrheit zu sein.

Es bleibt also spannend im Maschinenraum der Wirtschaftswissenschaften und man wünscht sich von den Medien, dass diese das auch widerspiegeln.

Steigende Ungleichheit - nur ein Mythos?

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Kommentare 63
  1. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 11 Monaten · bearbeitet vor 11 Monaten

    Der unten zitierte FAZ-Artikel von Vincent Geloso, der die Studie von Auten und Splinter auch aus seiner eigenen Forschung heraus unterstützt, ist datiert vom 22.12.2023. Der Autor verbreitete ihn am 19.12. auf https://twitter.com/Vi...

    Bereits am 14.12. veröffentlichten Piketty, Saez und Zucman (PSZ) eine Replik auf Auten und Splinter (AS). https://wid.world/news...
    PSZ schreiben, dass das AS-Paper (2023) methodische Fehler früherer Entwürfe wiederholt, die schon 2019 widerlegt wurden (https://wid.world/docu...).
    In ihrem neuen Kommentar zeigen PSZ, dass AS “unversteuerte Unternehmens- und Kapitalerträge in beträchtlicher und wachsender Höhe der unteren Schicht der Verteilung zurechnen“. Auf den siebenseitigen Text folgt nach den Quellenangaben eine dreiseitige Beschreibung, welche Daten wie genau verarbeitet wurden, mit verlinkten Dateien:
    https://wid.world/docu...
    Das sieht schon sehr viel fundierter aus, als ein paar Angaben zu Prozentpunkten der Auswirkungen von Annahmen, die AS in ihr Modell packten.

    Unabhängig davon, wer hinten heraus recht hat, finde ich diesen Beitrag zur Debatte weit mehr geeignet, als die Art, wie sie von der Qualitäts-Wirtschaftspresse reflektiert wird. Zu einem wissenschaftlichen Diskurs dieses gesellschaftlich bedeutsamen Themas scheint es nicht zu kommen. Geloso setzt noch eins drauf, ohne wesentlich neue Argumente zu liefern: „Todesstoß“, „Scherbenhaufen“. Er sagt, Piketty verwende den Begriff „Ungleichheitsleugner“ gegen AS – was ich hingegen fand, ist:
    AS’s paper „denies the extent of rising inequality in the United States since 1960“.

    Manchmal frage ich mich schon, ob es das Richtige ist, was ich hier tue.
    Doch fand ich noch dies:

    Paul Krugman „Über die Leugnung der Ungleichheit“,
    Meinungskolumne der NYT 2014:
    „Vor einiger Zeit [1992] veröffentlichte ich einen Artikel unter dem Titel ‚Die Reichen, die Rechten und die Fakten‘, in dem ich politisch motivierte Bemühungen beschrieb, das Offensichtliche zu leugnen – die starke Zunahme der Ungleichheit in den USA, besonders ganz oben auf der Einkommensskala. Sie werden wahrscheinlich nicht überrascht sein zu hören, dass ich eine Menge Missbrauch von Statistik auf höchster Ebene festgestellt habe.
    Noch wird es Sie nicht überraschen zu erfahren, dass sich daran nicht viel geändert hat. ...“
    https://www.nytimes.co...
    Natürlich darf auch ein Wirtschaftsnobelpreisträger eine Meinung haben, könnte sogar mal falsch liegen. Der ältere Artikel ist auf der Seite verlinkt. Eine Flut von Kommentaren, 788 an der Zahl. Ein Statistiker und Mathematiker äußert Zweifel, ohne jedoch ein Argument in der Sache beizubringen.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 11 Monaten

      Danke. Mir sagt das, wir sollten unsere Großerzählungen nicht als Gewißheiten betrachten. Wir wissen offenbar weniger genau, was im Detail in Gesellschaften vor sich geht, als wir gern glauben wollen.

      Ein Frohes Fest - TH.

    2. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 11 Monaten

      @Thomas Wahl Danke, das wünsche ich Dir auch.
      Wenn wir erreichen, unser Wissen etwas zu erweitern und andere dabei mitzunehmen, ist schon viel getan.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 11 Monaten

      @Lutz Müller Interessanter Podcast - am Ende auch über Piketty. Gruß TH.

      https://podcasts.apple...

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 11 Monaten · bearbeitet vor 11 Monaten

    Der Wirtschaftshistoriker Vincent Geloso in der FAZ
    (Er ist Assistenzprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der George Mason Universität und leitender Ökonom am Montreal Economic In­stitute. Spezialgebiet des Wirtschaftshistorikers ist die Messung von Lebensstandards heute und früher, …..)

    "Thomas Piketty auf dem Prüfstand: Die Erfindung der Ungleichheit":
    "Wenn es dabei bliebe, wäre das Narrativ immens verkrüppelt. Auten und Splinter versetzen dem Ganzen jedoch den Todesstoß. Sie stellen fest, dass sich die Ungleichheiten nach Steuern und Transfers seit 1960 praktisch nicht verändert haben. Dieses Ergebnis wird durch die jüngsten Arbeiten des französischen Finanzwissenschaftlers Sylvain Catherine ergänzt, der versucht hat, die Schätzungen der Vermögensungleichheit zu überprüfen, indem er die Rolle der Sozialversicherung (das staatliche Rentenprogramm der Vereinigten Staaten) besser berücksichtigt hat. Nachdem Catherine die Bedeutung des Programms berücksichtigt hatte, stellte er fest, dass sich die Vermögensungleichheit seit 1960 nicht verändert hat.

    Dies sind die verblüffendsten Ergebnisse der Wissenschaftler, die die fehlerhafte Arbeit von Piketty und seinen Gefolgsleuten untersucht haben. Und warum? Es sollte klar sein, dass die Ungleichheiten bei den Markteinkommen (vor Transfers und Steuern) seit 1980 nur geringfügig zugenommen haben. Gleichzeitig schrumpfte die Rolle des Staates bei der wirtschaftlichen Wertschöpfung seit 1980: Obwohl also die Ungleichheit stieg und der Staatsanteil an der Wirtschaftsleistung kleiner wurde, ist die Ungleichheit nach Transfers und Steuern stabil geblieben. In der Zwischenzeit haben Programme wie die Sozialversicherung die Vermögensungleichheit stabilisiert.

    Daraus ergibt sich eine verblüffende Schlussfolgerung: Der amerikanische Wohlfahrtsstaat war also bei der Bekämpfung der Ungleichheit recht erfolgreich. Damit ist das letzte Argument von Piketty und seinen Mitstreitern – dass wir einen teuren Wohlfahrtsstaat mit hohen Steuersätzen brauchen – hinfällig. Es scheint, dass der Staat sehr wohl in der Lage ist, die soziale Mobilität mit bescheidenen und gezielten Transferprogrammen zu fördern, ohne hohe Steuersätze festzulegen oder die Wirtschaft übermäßig zu regulieren.

    Wenn alles gesagt und getan ist, bleibt nur eine Schlussfolgerung übrig: Pikettys Werk ist ein kolossaler Scherbenhaufen, der in Dutzenden Artikeln offengelegt wird. Andere Artikel zeigen, dass dieses Fazit auch für internationale Daten gilt. Revisionen haben ergeben, dass das Niveau der Ungleichheit in mehreren anderen Ländern niedriger ist."

    https://www.faz.net/ak...

  3. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

    Die Studie von Auten und Splinter, auf die The Economist vermutlich Bezug nimmt, habe ich mir angesehen (ohne den Artikel lesen zu können). https://davidsplinter.... (Stand: 29.09.2023).
    Mein erster Eindruck, dass der Artikel in einen Unpiq gehörte, wie auch Achim Engelberg urteilte, hat sich bestätigt. Haben die Journalisten die Studie gepusht?
    Einige erste Gedanken hierzu.

    1) Bereits aus Abstract, Acknowledgements und Einleitung wird deutlich, dass die Autoren die Forschungsergebnisse von Piketty et al. keinesfalls verrissen haben. Eingeflossen sind u.a. Kommentare aus Pikettys Autorenteam.
    Auten/Splinter heben die methodischen Herausforderungen hervor. Über die oberste Finanzbehörde haben sie Zugriff auf detaillierte einkommensteuerliche Einzeldaten, die anonymisiert und unter Beachtung der statistischen Geheimhaltung verwendet wurden.
    Eine frühere OECD-Studie war den Vorteilen der Nutzung von Individualdaten der Steuermeldungen auf den Grund gegangen (am Beispiel Irlands und Sloweniens). Anders als sie lassen Befragungsdaten keine belastbaren Aussagen über die obersten Einkommensschichten zu. https://www.sipotra.it...

    2) Es ist durchaus anzunehmen, dass Auten/Splinter über eine umfangreichere Datenbasis verfügen, als die Forscher um Piketty. Ihre Methodik legen Letztere in der World Inequality Database offen und „machen deutlich, was wir wissen und was wir nicht wissen“: https://wid.world/meth...
    Die umfangreichen verwendeten Datenreihen stehen zum Download zur Verfügung.
    Der World Inequality Report 2022 hebt darüber hinaus hervor: „Jenseits von Einkommen und Vermögen ist es entscheidend, unsere kollektive Fähigkeit zu stärken, andere Dimensionen sozialökonomischer Verwerfungen zu messen und zu beobachten, einschließlich Gender- und ökologischer Ungleichheit. Open-access verfügbare, transparente und zuverlässige Informationen über Ungleichheit sind ein globales öffentliches Gut.“ https://wir2022.wid.wo... (S. 10, pdf S. 12)
    Das ist immens wichtig: Sollte sich auch die relative Einkommensverteilung (hier: in den USA) über die Jahrzehnte nicht gravierend verschoben haben, sehen wir heute die absolute Ungleichheit in Form einer exorbitanten Konzentration wirtschaftlicher Macht in den Händen Weniger. Wie bisher haben wir nur eine Erde zur Verfügung, die uns erhalten bleiben muss.

    3) Zu beachten ist außerdem, dass die zu versteuernden Einkommen Vermögender und von Spitzenverdienern den tatsächlichen Wohlstand unterrepräsentieren. Diese Gruppe verfügt, verglichen mit der Mittelschicht und Geringverdienern, über weitreichende steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, sprich Steuervermeidung (vgl. OECD, S. 20, pdf 21). Insbesondere bei mehrstufigen Kontrollketten über Tochtergesellschaften im Ausland lässt sich oftmals der Eigentümer nicht sicher identifizieren – das habe ich während meiner Arbeit im Unternehmensprofiling oft feststellen müssen. Daran haben auch die neu eingeführten nationalen Transparenzregister nichts geändert.

    4) Der im Piq verlinkte NZZ-Artikel bezieht sich nicht auf die Studie von Auten/Splinter, sondern eine andere von Phil Gramm, Robert Ekelund und John Early, die 2022 als Buch „The Myth of American Inequality“ erschien.

    5) ...

    1. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 12 Monaten

      5) Um etwas Abstand von den vielen Statistiken zu bekommen, abschließend noch eine Empfehlung:
      Diese Tage hörte ich den ggg-Podcast zu Ende an, den Marcus von Jordan gepiqt hatte. Gysi und Guttenberg liefern darin Neben-Einsichten zu Armut und Reichtum in den USA und zur Frage, warum die Vermögenden dort, anders als in Deutschland, sich nicht scheuen, ihren Reichtum offen zu zeigen. https://www.piqd.de/us...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Danke für den Hinweis mit dem NZZ-Artikel. Es gibt also weitere Erkenntnisse in dieser Richtung. Auch Dank für den Link zur Studie von Gerald Auten u. David Splinter.

      Warum das nun aber ein un-Piqd sein soll erschließt sich mir nicht. Es kann doch nicht egal sein, wo der Unterschied in den Einkommen wirklich liegt, wie dynamisch die Änderungen sind. Und eigentlich ist das Problem, dass so getan wird, als wüßten wir es genau. Das ist dann letztendlich Ideologie und nicht Wissenschaft. Das Ergebnisse der Diskussion mit Piketty & Co. eingeflossen sind sagt sowohl der Artikel als auch der Piqd.

      Weder der Piqd noch der Artikel behaupten, das es keine (große) Ungleichheit gibt. Die Behauptung ist, sie hat nicht so dramatisch zugenommen, wie einige immer behaupten. Das wäre nun zu widerlegen. Und wenn Du schreibst:
      "Sollte sich auch die relative Einkommensverteilung (hier: in den USA) über die Jahrzehnte nicht gravierend verschoben haben, sehen wir heute die absolute Ungleichheit in Form einer exorbitanten Konzentration wirtschaftlicher Macht in den Händen Weniger. Wie bisher haben wir nur eine Erde zur Verfügung, die uns erhalten bleiben muss." - hieße die Schlußfolgerung, wir sehen evtl. wirklich keine gravierende Verschiebung der Einkommensverteilung. Mir war das aus den Medien so nicht bewußt. Und weder Du noch A. Engelberg - sollte es euch klar gewesen sein - haben das bisher geäußert oder über diese Diskussion berichtet. Ich hatte also einen Erkenntnisgewinn.

      Wie groß die Konzentration wirtschaftlicher Macht wirklich ist, das wäre die nächste Frage.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Hier noch mal zur Klarheit die Aussagen aus dem Summary des Originaltextes. Möge jeder selbst entscheiden, was das über die reale Entwicklung der Ungleichheit in der USA bedeutet, sollte es sich als richtig oder zumindest als realistischer erweisen, als das was Piketty und Co errechnet haben. Ich finde den Unterschied jedenfalls als dramatisch. Jeder möge sich selbst auch ein Bild von der Sorgfalt machen, die Piketty's Arbeiten zugrundeliegen, in denen große Anteile des Einkommens nicht berücksichtigt waren. Und die dennoch zu großen Schlußfolgerungen geführt haben.

      "Unsere Analyse untersucht das Niveau und die Trends in allen Teilen der Verteilung zusätzlich zu den Top-Einkommensanteilen. Unsere Schätzungen für das Vorsteuereinkommen, die auf der Verteilung des gesamten Nationaleinkommens basieren, zeigen, dass der Anteil der obersten ein Prozent von 1962 bis 1979 von 11,1 Prozent auf 9,4 Prozent zurückging und dann bis 2019 auf 13,8 Prozent stieg. Über den gesamten Zeitraum betrachtet, stieg der Top-Anteil um nur 3 Prozentpunkte. …. Unsere Schätzungen für das Einkommen nach Steuern zeigen, dass der Anteil der obersten ein Prozent seit 1979 nur 1,4 Prozentpunkte und seit 1962 nur 0,2 Prozentpunkte gestiegen ist. Diese verbesserten Einkommenskennzahlen haben auch Auswirkungen auf einkommensschwache Gruppen. Anstatt dass das reale Pro-Kopf-Einkommen der unteren Hälfte der Verteilung seit 1979 unverändert erscheint, stellen wir fest, dass sie nach Steuern und Transfers um zwei Drittel gestiegen sind.

      Unter ausschließlicher Verwendung des Markteinkommens aus den Steuererklärungen haben Piketty und Saez (2003) argumentiert, dass sich der Anteil des obersten einen Prozent am Einkommen seit 1962 mehr als verdoppelt hat. Diese Analyse berücksichtigte jedoch weder Transfers und andere Einkommensquellen, die nicht in den individuellen Einkommenssteuererklärungen angegeben wurden, noch die Auswirkungen größerer Steuerreformen und Änderungen der Heiratsraten. Dadurch ergab sich ein verzerrtes Bild der Einkommensungleichheit und ihrer Entwicklung. Piketty, Saez und Zucman (2018) kamen zu weniger extremen Schlussfolgerungen, nachdem sie sich mit einigen dieser Fragen befasst hatten, stützten sich aber auf mehrere problematische Annahmen zur Verteilung von Einkommen, die nicht in den Steuererklärungen angegeben wurden. Unsere Analyse zeigt, dass ihre Schlussfolgerungen nicht robust sind, wenn man datenbasiertere Zuordnungen verwendet und Änderungen in der Art und Weise korrigiert, wie das Einkommen in den Steuerdaten ausgewiesen wird."
      Also nochmals Dank für den Link:
      https://davidsplinter....

    4. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Ich denke, wir sind uns erst mal einig, dass wissenschaftliche Diskurse zu wichtigen Themen es verdienen, hier bekannt gemacht zu werden.

      Aber warum ein Unpiq? Der Titel lenkt die Leser’innen gedanklich auf die Debatten in D. Und ein vermeintlicher Mythos wird vom Economist nicht behauptet; den Artikel habe ich jetzt gelesen.

      Der verlinkte NZZ-Artikel hingegen gebraucht den Begriff im Sinne, dass es mit der Ungleichheit überhaupt „alles nur ein Mythos“ sei, also nicht nur die längerfristige Dynamik. Und die Kritik der dort zitierten Autoren am US Census Bureau („nicht sachgerechter Formalismus“) ist wirklich eine Lachnummer.

      Amtliche Statistiken werden nach vorgegebener, zumeist international abgestimmter, Methodik erstellt. Da ist es ganz natürlich, dass bestimmte Einkommen/Leistungen in einer Statistik nicht enthalten sind und auf andere Quellen zurückgegriffen werden muss. Nationale Gesetzgebung kann auch Einfluss auf die Inhalte haben. Das Sozialsystem der USA kenne ich nicht, gehe aber davon aus, dass die Metadaten über Merkmalsdefinitionen, Art der Erhebung bzw. Berechnungsmethodik zugänglich sind.

      Bei Imputationen zum Schließen von Datenlücken, Verknüpfungen von Verwaltungs- und amtlichen Statistikdaten usw. muss mit Annahmen gearbeitet werden. Sie können das Ergebnis beeinflussen. Zudem muss, wenn das Nationaleinkommen nach Gruppen heruntergebrochen wird, eine Anpassung erfolgen – die steuerliche Einkommensdefinition ist mit jener der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nicht identisch.

      Welche steuerlichen Merkmale und Transferzahlungen nun am besten geeignet sind zur Analyse der Ungleichheit, kann ich nicht sagen. Die Gedanken könnte man weiter spinnen: Hinzurechnung staatlicher Bildungsausgaben zum Einkommen der Eltern – erarbeitet von allen Eltern, können sie allen Kindern zu Gute kommen. Leider ist es nur so, dass ärmere Kinder insbesondere die Möglichkeiten höherer Bildung nicht in dem Maße nutzen können, wie jene aus einkommensstärkeren Haushalten.

      Eine Übersicht beider Konzepte (AS – Auten-Splinter vs. Piketty, Saez, Zucman – PSZ) findet sich auf S. 30 der Studie.
      Bspw. verteilen AS den Staatsverbrauch hälftig pro Person (Govt. consumption allocated half per capita), während Piketty, Saez und Zucman sie proportional nach Höhe des verfügbaren Einkommens nach Steuern (Govt. consumption alloc. by after-tax inc.) aufteilen. Erstere gehen also davon aus, dass die Hälfte der staatlichen Dienstleistungen von allen (erwachsenen) Bürgern in gleichem Umfang in Anspruch genommen werden. https://davidsplinter....

      Ein größeres Problem ist m.E. die Trennung von einkommensähnlichen Zusatzleistungen wie Firmenwagen u.Ä. nach privatem und beruflichem Gebrauch sowie dgl. bei Aufwendungen von Unternehmern allgemein. Das betrifft nicht nur das Top-1-%, sondern auch einen größeren Kreis des gehobenen Managements. The Economist spricht außerdem von Verletzungen der Steuergesetze, hypothetischen 30-40 % nicht erklärter Einkommen, ohne eine Quelle für diese Annahme zu nennen.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Der Piqd behauptet auch keinen Mythos. Er stellt eine Frage.

      "Amtliche Statistiken werden nach vorgegebener, zumeist international abgestimmter, Methodik erstellt. Da ist es ganz natürlich, dass bestimmte Einkommen/Leistungen in einer Statistik nicht enthalten sind und auf andere Quellen zurückgegriffen werden muss." Das sagt ja wohl auch, dass sie nicht immer sachgerecht sind. Und es bedeutet, das Wissenschaft also tiefer graben muß. Von einem Statistiker hätte ich erwartet, das er auf solche Schwachstellen hinweist und nicht die Kritik zurückweist. Der Vorwurf bspw. gegen Piketty, er verwende pretax- Daten, die nicht geeignet sind die Entwicklung der realen Einkommensverhältnisse wiederzugeben, ist ja alt. Ich weiß nicht, ob es natürlich ist, das amtliche Statistiken nicht alle Leistungen enthalten. Sachgerecht kann das aber nicht sein. Wie auch immer, es ist Aufgabe der Forschung darauf aufmerksam zu machen, das zu korrigieren. Aufgabe der Medien wäre es u.a. die Mängel der Statistik und die Auswirkung auf unsere Wahrnehmung der Realität zu klären. Das fordert der Piqd am Ende auch.

    6. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl „Der Piqd behauptet auch keinen Mythos. Er stellt eine Frage.“ –
      Der Titel des Piqs ist ein Boost des Hauptartikels vom Economist. Dieser behandelt einen wissenschaftlichen Disput und keine Meinungen, die Frage wird in dieser Form nicht gestellt.
      Anders die NZZ: „Alles nur ein Mythos? Warum die USA gar nicht so ungleich sind“ und
      „The Myth of American Inequality“ – Buchtitel der drei zitierten „Wissenschaftler“.
      Hier soll mit verbreiteten Meinungen aufgeräumt werden. Sachliche Argumente dazu unten.

      "Von einem Statistiker hätte ich erwartet, dass er auf solche Schwachstellen hinweist und nicht die Kritik zurückweist.“ –
      Nun, diese Unterstellung muss ich zurückweisen.
      Die Statistischen Ämter erläutern die Inhalte der publizierten Daten und die Art und Weise, wie sie entstehen, sehr detailliert. Ggf. auch eine begrenzte Aussagefähigkeit. Ich tue mein Mögliches, wenn es Fragen dazu gibt.

      Nicht alles kann erhoben werden, bspw. werden in einer Erhebung nur Unternehmen ab einer bestimmten Größe erfasst. Die Gründe liegen in der Reduzierung der Kosten für Staat und Befragte.
      Komplexe Rechnungen wie die Volkswirtschaftlichen oder Umweltökonomischen (siehe https://www.piqd.de/vo...) Gesamtrechnungen basieren auf Integration einer Masse von Daten aus amtlichen und nichtamtlichen Quellen. Und dabei hat die amtliche Statistik nicht immer den vollen Zugriff auf alle sinnvollerweise verwendbaren Verwaltungsdaten.
      Daraus, dass die Wissenschaft ebenfalls tiefer graben und auf verschiedene Quellen zurückgreifen muss, kann der amtlichen Statistik wirklich kein unsachgerechtes Arbeiten vorgeworfen werden.

      Ich weiß nicht, welche Publikation des US Census Bureaus die NZZ meint. Der aktuelle Bericht enthält auf S. 42 ff. einen Anhang mit Simulation der nach Steuern verfügbaren Einkommen und auch eine Erläuterung, warum das Merkmal nicht im Hauptteil der Analyse verwendet wird: https://www.census.gov...

      Zu der zweiten Beanstandung, dass das Census Bureau nicht sachgerecht Leistungen aus Medicare und Medicaid außer Acht lässt: Sind das denn die einzigen derartigen Leistungen, oder gibt es andere Zahlungen des Staates, die nicht direkt an Steuerzahler fließen, z.B. Subventionen in Form von Preisnachlässen, Kaufprämien o.Ä., Freibeträge für Dividenden aus Aktien subventionierter Unternehmen? Während Medicare und Medicaid an Sozialhilfeempfänger adressiert sind, wäre die Allokation anderer Zahlungen zu einzelnen Einkommensgruppen der Steuerzahler kaum möglich.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Lassen wir es dabei. Ich finde es nicht fruchtbar über die Interpretation von Überschriften zu streiten. Wir reden hier auch nicht über die Arbeit statistischer Ämter in ihrem vorgegebenen Rahmen. Es ging um eine wissenschaftliche Kontroverse darüber, wie man Ungleichheit möglichst realitätsnah misst. Wir werden sehen, wie der Streit ausgeht. Er ist ja wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen? Und als Statistiker bist Du sicher der Richtige das zu kommentieren. Das dazu allein die öffentlichen statistischen Daten nicht ausreichen ist sicher richtig aber nicht die Schuld der Ämter. Und war m.E. auch nicht die Frage.

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Im Übrigen spricht auch der NZZ nicht vom Mythos der Ungleichheit an sich sondern davon, dass oft behauptet wird, "die Ungleichheit in den USA sei besonders hoch und werde immer grösser". Darum und nur darum geht es hier. Keiner hat behauptet, die Ungleichheit sei ein Mythos. Das ist eine unfaire Unterstellung. Passiert mir sicher auch mal in der Hitze der Diskussion, aber trotzdem ….. Versuchen wir doch genau zu bleiben.

    9. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Wie Du schreibst, sollte Ungleichheit möglichst realitätsnah gemessen werden - das können wir gut als Schlusswort hier stehen lassen.
      Amtliche Statistik dient dem allgemeinen öffentlichen Interesse, darf nicht von politischen Interessen getrieben werden. Dafür gibt es „zehn Gebote“ der UN und einen Europäischen Verhaltenskodex. Das sollte auch für Wissenschaft und Journalismus gelten, wird tatsächlich durch fundierte Forschung und Qualitätsmedien überwiegend realisiert. Ungenauigkeiten passieren, Verfahren werden weiterentwickelt. Das dauert meist lange in der Statistik, eben weil eine hohe Methodensicherheit gewährleistet werden muss.

      Um genauer auf die sachlichen Argumente der Studien eingehen zu können, müssten Experten der Steuerstatistiken und Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen hinzugezogen werden. Ein solcher bin ich nicht. In meinen Arbeitsgebieten gab es verschiedene Berührungspunkte, aus denen sich in der Diskussion hierzu mehr Fragen als Antworten ergaben.

      Gewiss wird die Debatte weitergehen.

      Was Buchautoren und Journalisten betrifft:
      Der Buchtitel, auf den sich der NZZ-Artikel bezieht, suggeriert doch, „amerikanische Ungleichheit“ existiere nicht. Gut, dass Du nochmal auf konkrete Aussagen hinweist. Aber die Darstellung zwingt den Leser geradezu, zwischen den Zeilen noch mehr herauszulesen, was sonst noch drinstehen könnte.
      Und ein knapper und einseitiger Pressebeitrag mündet eher in weitere Kontroversen, als dass er ein so wichtiges Thema angemessen abhandeln könnte.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Gutes Schlußwort. Danke.

  4. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 12 Monaten

    Nein, die wachsende Ungleichheit ist kein Mythos (im Text wird der Ausdruck im Sinne der neoliberalen Lügen gebraucht, also falsch).

    Hier ein Buch, das nicht in diesem Unpiq erwähnt wird aus der englischsprachigen Welt, das aber keine neoliberalen Lügen verbreitet:
    https://www.suhrkamp.d...

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      Ich finde es etwas einfach, unliebsame Erkenntnisse/Meinungen als Lügen abzuqualifizieren. Ich werde Oxfam jedenfalls nicht der Lüge bezichtigen, weil sie Vermögen mit Geld gleichsetzen. Sie wissen es halt nicht besser - nehme ich mal an. Und die Guten haben ja noch nie gelogen. Das tun nur böse Neoliberale.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Jeder hat schon mal gelogen, aber der sogenannte Neoliberalismus ist eine Lüge von Anfang an. Er predigt Freiheit und zerstört Gesellschaften.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Achim Engelberg Das ist zumindest ein weit verbreiteter Glaube …. Manche sagen das ja auch vom Sozialismus.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Der Sozialismus erreichte viel Positives, nicht als Staat gewordenes Monster, aber fast alle Sozialreformen waren eine Antwort auf den Sozialismus. Erst als Bismarck, um nur ein Beispiel zu nennen, nicht mit dem SPD-Verbot (Sozialistengesetz) durchkam, begann er mit der Sozialgesetzgebung.

      Wo und wann erreichte der Neoliberalismus etwas vergleichbar Positives?

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Achim Engelberg Die Sozialreformen im Westen waren vor allem eine Umsetzung der kapitalistischen Produktivität in Wohlstand für alle. Etwas was es dem Kapital auch ermöglicht hat neue Industrien und damit Anlagemöglichkeiten zu schaffen. Damit auch dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegen zu wirken. Diese Strategie hatte Marx zwar beschrieben. Auf die Idee, das damit auch staatliche Sozialsysteme und Massenwohlstand zu schaffen seien, ist er eigenartiger Weise nicht gekommen. Auch war Bismarck nicht der erste, der versucht hat soziale Ideen umzusetzen. Der Sozialismus ist aus vielen Strömungen sozialer Konzepte entstanden und hat viele Vorläufer, Vordenker auch im Bürgertum. Insofern ist die scharfe Trennung zwischen einem guten Sozialismus und seinen Ideen sowie dem Kapitalismus, der nur notgedrungen darauf geantwortet hat ziemliches s/w-Denken. Und vielleicht die letzte Verteidigungslinie eines konservativen Sozialismus. Sicher hat die Stärke sozialer Bewegung und dann die Oktoberrevolution auch das Nachdenken über Sozialsysteme in den westlichen Demokratien inspiriert, vorangebracht. Wenn die Grundidee von Marx, das im Sozialismus, ohne Privateigentum an Produktionsmitteln, die Springquellen des Reichtums stärker sind als in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, dann hätte es vielleicht einen interessanten Wettbewerb geben können.

      Allerdings hat der Sozialismus es nie geschafft die Produktivität zu erreichen um seine Völker in vergleichbaren Wohlstand und Freiheit zu führen. Und dort, wo es eine etwas höhere Produktivität gab, wie in der DDR oder Tschechien, da basierte es auf einer im Kapitalismus gewachsenen disziplinierten, qualifizierten Arbeiterklasse und der entsprechenden technischen Intelligenz. Die man dann sehr schnell frustriert hat.

      Was den sogenannten Neoliberalismus betrifft, so ist das m.E. ein sehr verwaschener politischer Kofferbegriff, in den man alles rein packt, was man ihm (oder dem Kapitalismus?) negativ anhängen will. Nur nicht das, was seine Vertreter selbst darunter verstehen. Dann sieht man natürlich auch nie was Positives.

  5. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

    Ist nicht Wahlverhalten eine Art Gegenprobe?

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      Wähler reagieren ja gemäß ihren über Medien vermittelten Vorstellungen und News, gemischt mit subjektiven Erfahrungen, nicht gemäß der realen Prozesse. Das ist kein guter Sensor für wirkliche Verschiebungen zwischen vielen Millionen Haushalten. Wahlen "messen" was Wähler über Politik, Gesellschaft oder Ökonomie glauben, meinen und fühlen, nicht was wirklich ist.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Na ja - in den USA reagieren sie vielleicht auch auf keine soziale Absicherung, eine grottenschlechte Gesundheitsversorgung und darauf, dass sie in ihren Familien in der dritten Generation alle zwei Jobs haben und trotzdem nicht partizipieren können oder abgesichert wären. So wählen dann Millionen schwarze (!) Amerikaner'innen vermutlich zum dritten Mal Trump nächstes Jahr.
      Und ja, das spricht nicht für eine gute Sensorik der Betreffenden, aber spricht es nicht auch dafür, dass konservative Beharrer mal anfangen sollten zu hinterfragen, ob der jetzt praktizierte Kapitalismus noch genug Menschen mitnimmt? Ergebnisoffene Zahlenreihen scheinen mir da nur semirelevant, wenn zeitgleich überall in der Welt Demokratie in demokratischen Wahlen zerlegt wird und unsere ökologischen Lebensgrundlagen massiv gefährdet werden.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Offensichtlich nimmt der dort "praktizierte Kapitalismus" intern nicht genug mit. Extern wird er schwächer. Zieht aber andererseits etliche Millionen Migranten an. Das praktizierte politische System funktioniert zunehmend schlechter. Was davon "dem Kapitalismus" (was auch immer man darunter versteht) zuzurechnen ist, wer weiß. Da hilft das Klagen darüber, dass die Bürger falsch wählen und unsere ökologischen Lebensgrundlagen nun wirklich zu Ende gehen auch nichts. Diese Klagen sind alle nicht neu und offensichtlich glauben viele nicht mehr an die daran geknüpften Rezepte. Die natürlich nicht funktionieren können, wenn die Zahlen nicht stimmen. Siehe Club of Rome. Keine seiner Annahmen ist bisher wirklich eingetroffen. Wenn man es nicht genauer wissen will, dann muß man so weitermachen und entweder "Konservieren" (was gar nicht geht) oder blind umstürzen (was es nur schlimmer macht). Oder sich ein neues Volk wählen …..

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ja ok.
      Mir geht es darum, dass ich mich wehre gegen diesen Narrativ vom "alles ist besser als früher" in Abgrenzung zu gescheiterten Alternativmodellen. Die sind irgendwie egal nämlich jetzt. Es läuft nicht gut. Wir betreiben kein Erfolgsmodell. Wir können nicht so weiter machen. Damit ist weder gesagt, dass man es doch nochmal mit Sozialismus versuchen sollte, noch dass alles schlecht ist. Sondern einfach nur, dass es einen höchst offensichtlichen Handlungs- und Veränderungsbedarf gibt. Und dafür muss ich nicht entscheiden, ob wer jetzt wie oder effektiver nach seiner Agenda Zahlen gedreht hat um zu beweisen, dass die Ungleichheit eben schon oder nicht so sehr mehr geworden ist. Dafür muss ich mich nur damit befassen, was jetzt gerade passiert.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Ja, der Westen betreibt kein Erfolgsmodell mehr. Jedenfalls nicht aus der Sicht vieler Bürger. Und auch nicht aus Sicht seiner globalen Gegner. Da stimme ich dir völlig zu. Auch wenn die Migration immer noch in Richtung Westen geht.

      Ein Kernnarrativ vieler Linken und auch von Teilen der Regierungskoalition ist aber, die Ursache für die Misere unserer Demokratien sei die immer mehr wachsende Ungleichheit. Und wir müßten mehr Umverteilen um den größten Teil der Probleme zu lösen. Den Reichen nehmen und den Armen geben. Dazu die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich aber weniger Konsum. Erneuerbare Energien aus Wind und Sonne. Und natürlich Friedensverhandlungen mit Putin.

      Genau deswegen muß man sich genau damit befassen, was gerade passiert. Was genau macht den Westen schwach? Fehlende Umverteilung oder sinkende Effizienz im Vergleich mit seinen Gegnern? Selbstüberschätzung, Fehlanalysen, Überbürokratisierung und Dekadenz oder zu wenig Sozialausgaben?

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ...ich weiß nicht, was viele Linke so denken. "Umverteilen" ist ein sehr ungefähres Ding. Ich höre vergleichsweise selten von Menschen, die meinen, dass es reichen könnte, oben was weg zu nehmen und es unten zu verteilen. Die Kritik, die ich wahrnehme ist schon komplexer meist.

      Fragst du mich, dann würde ich sagen - ja es sollte sich weniger lohnen, Geld damit zu verdienen, dass man es hat und es sollte sich mehr lohnen zu arbeiten. Und ja das Problem ist aus meiner Sicht in erster Linie ein komplexer und extrem mächtiger Lobbyismus, der dazu führt, dass zu viel Politik für Einzelinteressen und zu wenig für alle gemacht wird. Und das zweitgrößte Problem ist Bürokratie, die erstens teuer ist und zweitens alles lähmt, was noch viel teurer ist. Ich glaube auch, dass Bürokratie dient, um Lobbyismus zu verschleiern.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Natürlich ist Umverteilen ein sehr ungefährer Begriff. Und doch steht er in vielen Parteiprogrammen, Medien und Plakaten. Und gemeint ist meist die Umverteilung von oben nach unten. Ist ja auch in gewissem Umfang in Ordnung und notwendig.

      Andererseits, Kapitalismus ist eine Waren produzierende Gesellschaft, keine Geld produzierende. Das hat Marx sehr richtig beschrieben. Deshalb braucht man Investitionen in Unternehmen etc. (sprich in Betriebs- und Immobilienvermögen) um den Kreislauf des Wohlstandes zu erhalten. Und deshalb hat auch keine andere Wirtschaftsform bisher soviel für alle gemacht. Und es macht keinen Sinn, die Vermögen für den privaten Konsum zu monetisieren und zu verteilen.

      Wobei der Gedanke man müsse etwas für alle tun auch ein sehr ungefährer ist. Zumal sich Einzelinteressen und die Interessen aller nicht diametral gegenüber stehen.

    8. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Letzteres teile ich unbedingt sogar. Gar nicht diametral. Im Gegenteil bzw. eben nur, wenn man es zulässt und ich glaube das ist man schon recht nah an der Problembeschreibung. Allgemeine Wirtschaft braucht individuelles Engagement und das braucht sein Belohnungsprinzip. Aber der individuelle Einsatz, der besondere Erfolg braucht eben auch sozialen Frieden, eine gesunde Infrastruktur, Freiheit der Vielen und Solidarität. Das ist aus dem Ruder gelaufen. Offensichtlich für mich und ich wiederhole mich: mir scheint, die einzigen recht unbestechlichen Daten dazu, sind Wahlergebnisse. Das Problem mit diesem komplexen, hyperpotenten Lobbyismus ist ja, dass er alle Macht auf sich vereint, aber nur einen kleinen Teil der Verantwortung. Das entstandene Vakuum wird zum Problem für alle. Längst.

      (Du siehst, ich bin so etwas wie ein Linkslibertärer - aber sags nicht weiter)

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Ich sags nicht weiter. Aber Wahlergebnisse liefern nur Daten über Wünsche, Hoffnungen und Meinungen der Wähler. Nicht mehr und nicht weniger. Und sind natürlich auch durch den Lobbyismus beeinflusst. Wobei ich nicht "einen" komplexen, hyperpotenten Lobbyismus sehe, sondern viele Lobbyströme, diedie Interessen verschiedener Gruppen "vertreten". Das ist ja eigentlich die Quintessenz der Demokratie. Insofern wird dort nicht alle Macht vereint sondern um Macht gekämpft?

    10. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ...was willst du denn nun wieder konstruieren? Eine bessere Demokratie im Widerstreit der Lobbys? Das fände ich nun wirklich naiv. Denn erstens ist dieser Machtkampf intransparent und seine Potenz liegt einfach nur in finanzieller Schlagkraft und weder in kollektiver oder wissenschaftlicher Vernunft, noch in demokratisch erworbener Zuständigkeit und zweitens steuert die Summe dieser sehr komplexen (eben viele) Strukturen eben erfolgreich ihre Einzelinteressen, aber nicht das Ganze. Was dabei auf der Strecke bleibt ist offensichtlich: Infrastrukturen und Grundvoraussetzungen. Bildung, Gesundheit, Verkehr, Internet und...ach ja! Die Umwelt!

      Deine Einschätzung von Wahlergebnissen finde ich auch erstaunlich despektierlich. Aber egal. Jedenfalls sind sie mehr, nämlich einstweilen noch die Legitimation für die, die eigentlich Macht ausüben sollten und sie sind eine Möglichkeit das freiheitliche, demokratische System zu zerstören, wenn dieses nämlich für zu viele zu wenig funktioniert.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Gesellschaft ist immer nur bedingt transparent. Das Ganze besteht immer aus unterschiedlichen, wiederstreitenden Interessen. Den friedlichen Ausgleich zwischen den Interessen, das nennt man Demokratie. In unserer Gesellschaft i.d.R. über Mehrheiten. Vernunft und (wissenschaftliche) Rationalität spielen eine wichtige Rolle. Aber rein rational entscheiden Kollektive und Gesellschaften seltenst.

      Und die Schlagkraft von Lobbys liegt nie nur in der Finanzkraft. GreenPeace hat wahrscheinlich weniger finanzielle Mittel als die Kirche und trotzdem großen Einfluß. Direkt demokratisch legitimiert sind sie beide als Lobby nur bedingt. Aber sie vertreten die Interessen ihrer Mitglieder, zumindest meinen das diese Mitglieder. Sie verfügen über sehr viel intellektuelles Potential und über großen Einfluß in den Medien. Damit können sie zu Mehrheiten bei Wahlen beitragen. Wer genau übt aber "die eigentliche Macht" aus? Was ist diese "eigentliche Macht"? Eine Verschwörung, eine Hoffnung, eine Idee? Wie stellst Du dir eine (direkte) Demokratie ohne Interessenverbände eigentlich vor. Millionen isolierter Individuen, die sich nicht zusammenschließen aber alle ihre egoistischen Interessen oder das was sie jeweils als ihre Interessen sehen, einzeln vertreten? Natürlich voll wissenschaftlich und rational? Und die Wissenschaft weiß immer genau was wahr ist? Was ja, wie der Piqd zeigt gerade nicht so klar ist. Wissenschaft ist (wie Gesellschaft) selbst ein offener sich ständig korrigierender und hoffentlich verbessernder Prozess.

    12. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Natürlich hängt Lobbymacht an Geld. Ich kann dich nur auffordern, dich auf den einschlägigen Seiten dazu zu informieren- welchen Aufschlag hat die Industrie in unseren Parlamenten und welchen Naturschutzverbände u.ä.? Obwohl ich mir nicht denken kann, dass du das nicht weißt.
      Abgesehen davon: die einen versuchen ganz explizit ihre eigenen, spezifischen, wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen, also Macht auszuüben und zwar in sehr vielen Fällen, um Verantwortung (Kosten) auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Die anderen versuchen diese verweigerte Verantwortung im Sinne der Allgemeinheit zu übernehmen.

      Wer sprach davon, dass es keine Interessenverbände geben darf? Ich sprach von mehr Transparenz. Ich sprach davon, dass es ein Problem zu lösen gibt, nämlich, dass politische Macht zu stark von kapitaler Macht abhängt und dass das längst ein Problem für alles ist - auch für die "Profiteure".

      Du sprichst vom Beharren. Und davon, wie alles schon ganz ok ist. Wie immer.

    13. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Natürlich weiß ich das. Hab selbst in und für Ministerien gearbeitet. Ich weiß wie oft wer dort auftaucht. Und ich weiß wer mehr oder weniger Einfluß hat. Zumal NGO auch keine Armen sind, die keinen Zugang zu öffentlichen oder anderen Mitteln haben. Aber immer für eine Kampagne gut sind. Was in der Politik jedesmal Panik hervorruft. Also die Frage ist nicht, wer mehr Geld hat sondern welchen realen Einfluß haben die NGO und welchen die Industrieverbände etc.? Wer hat denn die AKW Abschaffung durchgedrückt? Die Industrieverbände oder die NGO mit ihrer Meinungsmacht? Wer hat die Abgasnormen durchgedrückt? Die Industrie? Wer hat die Migrationspolitik stark gestaltet? Die Industrie? Wie war es mit Gentechnik, mit Mindestlohn usw. usw. Man muß schon etwas naiv sein, um Geld und Enfluß gleichzusetzen. Auch wenn es eine Rolle spielt, das ist klar. Aber alle einem unliebsamen Tendenzen als Folge der finanzstarken Wirtschaftslobby hinzustellen ist schon stark. Schon deshalb, weil diese Lobby keine ganz einheitlichen Interessen hat, oft entgegengesetzte. Finanziert der amerikanische Climate Energency Fund (CEF) nicht die letzte Generation mit? Werden die jetzt dadurch zu einer Lobby des Kapitals? So einfach geteilt in gut und böse ist doch die Welt wirklich nicht.

      Wer versucht eine irgendwie verweigerte Verantwortung im Sinne der Allgemeinheit zu übernehmen, der hat m.E. eine etwas schräge Vorstellung von Demokratie. Demokratie ist kein betreutes Wohnen, wo einige (ohne Legitimation durch Mehrheiten) die Verantwortung für das Ganze übernehmen können. Auch nicht wenn sie glauben, die Guten zu sein und meinen, völlig rational zu agieren und natürlich ohne jede eigenen Interessen und Eitelkeiten. Das ist schon bei den Bolschewiki schief gegangen. Aber man kann/muß natürlich um Mehrheiten kämpfen. Und auch dann gibt es keine Gewißheiten. Auch nicht deine Gewißheit, dass politische Macht zu stark von kapitaler Macht abhängt. Es gibt dies Macht eines fiktiven Gesamtkapitalisten so nicht. Auch wenn viele darauf beharren. Unsere Demokratie hat viele dezentrale Machtkerne. Vielleicht zu viele …. Und man kann doch nicht ernsthaft behaupten, das unser Gemeinwesen wie es ist das gewollte Ziel diese Gesamtkapitalisten und seiner Lobby ist?

      Wenn Du mal viel Zeit hast und dich für repräsentative Demokratie, entsprechende Prozesse, interessierst, lies mal Robert Michels "Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens."

      Er ist einer der Väter der modernen Soziologie. Man kann da sehr gut den Maschinenraum der Wissenschaftsentwicklung in der Soziologie beobachten. Die Sätze sind noch einfach und klar. Auch der Lebensweg Michels ist interessant. Von der linken Sozialdemokratie zur Partito Nazionale Fascista (PNF) von Benito Mussolini. Mir hat es geholfen von meinen Gewissheiten loszukommen. Buch ist leider nicht ganz billig.

      "Michels Hauptwerk ist die zuerst 1911 erschienene Studie über das sozialistisch-sozialdemokratische Parteiwesen. Hier entwickelt Michels das für Elitetheorien zentrale „Eherne Gesetz der Oligarchie“: die machtpolitisch bedingte Verschiebung idealistischer Zielsetzungen durch eine nur noch am eigenen Machterhalt interessierten Parteiclique."

      https://de.wikipedia.o...

    14. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl "Es gibt dies Macht eines fiktiven Gesamtkapitalisten so nicht."
      ...ich habe in dem thread jetzt schon x mal gesagt, dass es aus meiner Sicht keine zentrale Macht gibt, sondern dass das natürlich komplex ist. Deshalb kann es aber trotzdem alles auf bestimmte Effekte einzahlen.

      "Man muß schon etwas naiv sein, um Geld und Einfluß gleichzusetzen. Auch wenn es eine Rolle spielt, das ist klar."
      Was jetzt? Spielt es eine Rolle oder ist es naiv? Was willst du mir sagen? Dass 1000 hochbezahlte Profi-Lobbyisten nicht mehr Hebel haben, also die 10 prekäre Umweltaktivisten? Sorry, aber in die Tasche musst du dir ganz alleine lügen.

      Abgasnorm? Super Beispiel- danke. Die USA (!) hatten fast 30 Jahre vor uns eine Komplettflotte mit 3Wege-Kat. Da hat die deutsche Automobilindustrie noch 10 Jahre lang behauptet, das wäre technisch unmöglich und dann noch 10 Jahre, dass es unbezahlbar wäre und dann haben NGOs, Grüne und Wissenschaft noch ein paar Jahre gebraucht um diesen völlig veralteten Standard politisch durchzusetzen.

      "Auch nicht wenn sie glauben, die Guten zu sein und meinen, völlig rational zu agieren und natürlich ohne jede eigenen Interessen und Eitelkeiten. Das ist schon bei den Bolschewiki schief gegangen."
      Na wer ist denn da Schwarzweiß? Unter Kommunisten machst du es nicht was?

      "Demokratie ist kein betreutes Wohnen, wo einige (ohne Legitimation durch Mehrheiten) die Verantwortung für das Ganze übernehmen können."
      Aber wenn die, die es bezahlen können, den Blockwart machen im Sinne ihrer Interessen und dabei das ganze Haus vergammelt, das ist ok ja?

      Und NGOs haben die AKW abgeschafft und die Migration gestaltet? Sauber. Ich dachte die konservative BadBank heißt Merkel?

    15. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Konkret hast Du gesagt: "Und ja das Problem ist aus meiner Sicht in erster Linie ein komplexer und extrem mächtiger Lobbyismus, der dazu führt, dass zu viel Politik für Einzelinteressen und zu wenig für alle gemacht wird." Also ein extrem mächtiger Lobbyismus, der in sich komplex ist. Das dieser extrem mächtige Lobbyismus dann viele Einzelinteressen bedient, aber wenig für alle tut, erscheint mir in sich nicht logisch. Ich habe daraus abgeleitet, du meinst einen mächtigen Kapitallobbyismus. Wo ich viele Lobbygruppen verschiedener sozialer Gruppen sehe, die Kommunizieren oder Konkurrieren, deren Aktivitäten sich wechselseitig kreuzen, verstärken oder auch konterkarieren. Das Ergebnis ist meist von keinem genau so gewollt, oft ein Kompromiss mit dem Mehrheiten leben können und manchmal läuft es falsch oder chaotisch und sollte korrigiert werden.

      Ich würde auch nicht behaupten, dass sich Wirtschaftalobbyisten nie (zeitweise) durchgesetzt haben. Zumal wenn ihre Kunden ähnliche Interessen an kostengünstigen Autos haben. Aber es gab sicher genug andere Unternehmen, die liebend gern Katalysatoren geliefert hätten. In den USA hat es offensichtlich anders funktioniert.

      Ja, man kann mit Geld sozialen Einfluß generieren, aber weder immer noch immer in gleichem Maße noch kommt immer das Gewünschte heraus. Ja, Lobbyismus hängt u.a. auch am Geld, aber noch an vielem mehr. Z.B. das intellektuelle Kapital der NGO. Man könnte natürlich sagen, auch dieses intellektuelle Kapital will bezahlt sein, braucht also viel Geld und hat viel Geld. Es gibt sicher mehr NGO-Mitarbeiter/Aktivisten als Wirtschaftslobbyisten (nix mit 1000/10). Also es gibt keinen mechanischen Zusammenhang zw. viel Geld und viel Einfluss - Geld ist nicht = Einfluß. Mehr habe ich nicht gemeint.

      Und der Blockwart ist in der Demokratie nicht das Kapital, nach dessen Pfeife alle tanzen? Kapital ist nicht zutiefst an vergammelten Infrastrukturen und fehlenden Investitionen interessiert ist. Eigentlich ist das keiner. Die Wohnungen in Staatshand waren waren übrigens auch nicht top gepflegt? Und Merkel war natürlich nicht das ausführende Organ der Wirtschaft, die keine AKW mochte. Die unheimliche Atomlobby hat aber sicher versagt. Merkel hatte einfach Angst die Wahl zu verlieren. Wie die meisten Politiker wollte sie nicht gegen die Mehrheiten agieren als die Zeichen gegen Atomenergie standen?

      Man kann auch nicht ein Teilsystem der Gesellschaft der Allgemeinheit gegenüberstellen ohne das auch mit den anderen Teilsystemen (Politik, Bildung, Wissenschaft, Zivilgesellschaft ….) zu tun. Alle geben der Gesellschaft, alle haben legitime Erwartungen an die Gesellschaft, nehmen also auch von der Gesellschaft, können das Nehmen auch überziehen. Dabei die Wirtschaft als den negativen/bösen/egoistischsten Teil zu sehen, der allein "der Allgemeinheit" gegenübersteht finde ich eine ziemliche Verzerrung (vorsichtig ausgedrückt).

      Was heißt unter Kommunismus mache ich es nicht? Das ist nun mal das klassische und drastischste Beispiel für eine idealistische Gruppe in ihrem Glauben an eine Utopie, die sich als uneigennützige Retter der Menschheit sah, meinten eine wissenschaftlich rationale Weltanschauung zu haben. Und in einer unmenschlichen Diktatur oder auch nur in einer dramatischen Fehlentscheidung endeten. Aber es gibt sicher noch viele andere Beispiele - das Christentum u.a. Denke auch die Anti-AKW-Bewegung wollte was Gutes, erreichte aber Fatales. Wie etwa die letzte
      Generation

    16. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Du sprachst von mehr Transparenz, davon, dass es ein Problem zu lösen gibt, nämlich, dass politische Macht zu stark von kapitaler Macht abhängt und dass das längst ein Problem für alles ist ...

      Ich finde, das ist genau der Punkt. Politik muss mit der Wirtschaft reden, damit es funktioniert. Aber vorrangig deren Interessen folgen? Keine Partei wird sich dem gänzlich verschließen können - Beziehungen, Parteispenden usw.

      Beraterverträge: Der Politik fehlen eigene Experten, ohne Externe geht nichts mehr. https://www.deutschlan...

      EU-Gesetzgebung in Brüssel: Nach Schätzungen der Organisation Corporate Europe Observatory arbeiten in der europäischen "Hauptstadt des Lobbyismus" mehr als 25.000 Lobbyisten. https://www.etui.org/s...

      Ihre Arbeit ist zumeist intransparent, jedoch präsentieren sich "Die Besten" unter ihnen hier ganz offensiv: https://www.bestinbrus...

      Wissenschaft: Wirtschafts- und Sozialwissenschaft ist nie vollkommen interessenfrei. Aber selbst dort, wo es ausschließlich um Naturwissenschaft geht (Klima, Biodiversität etc.), wird sie von der Politik oft nicht erhört.

      Zivilgesellschaft: Petitionsplattformen, die sich ausschließlich aus Spenden finanzieren, verlieren ihren Gemeinnützigkeitsstatus - Begründung: Ein Teil der Petitionen richtet sich nicht an den Staat, sondern an Unternehmen und bediene somit nicht Interessen der Allgemeinheit. Betroffen war u.a. Campact; der Verein unterstützt auch Piqd, und somit auch diesen Piq.
      In einem anderen Fall hat jetzt innn.it, hervorgegangen aus dem deutschen Ableger von Change.org, vor Gericht einen (Teil-)Erfolg erzielt: https://taz.de/Gericht...
      (wollte den Artikel schon piqen, aber er passt nun gut in diese Diskussion).
      Auf der eigenen Website gibt es weitere Hintergründe zu den Anstrengungen, die mit zivilgesellschaftlichem Engagement gegen die Übermacht des großen Geldes einhergehen: https://verein.innn.it...

    17. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Ich weiß ja nicht, wie die Organisation Corporate Europe Observatory zu ihrer Schätzung kommt? Und ob unter den 25.000 nur Wirtschaftslobbyisten sind oder nicht. Und wenn ja, wieviele dann auf der anderen Seite agieren? So ist es nur eine Art Kampfschrift.

      Wenn der Kampf gegen das Finanzamt als Kampf gegen das große Geld gesehen wird, dann sitzt das also beim Staat? Es bestreitet ja keiner, dass es Lobbyismus gibt. Aber jeden Streit mit dem Finanzamt um die Auslegung der Satzung als Kampf gegen das Kapital zu deklarieren, das ist dann doch etwas weit gehend.
      Das Petitionen, die an Unternehmen gehen nicht den Gemeinnützigkeitszweck „Förderung des demokratischen Staatswesens“ decken, ist ja erst mal nach zu vollziehen. Wenn ich auch diese Auslegung etwas bürokratisch finde. Aber solche bürokratischen Schikanen treffen auch Unternehmen …..

    18. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Lutz Müller Ja danke Lutz - ich kann nur nochmal sagen: es geht mir nicht um Verbote und nicht um totale Lösungen. Und schwarzweiß ist eh nie, langweilig das immer betonen zu müssen. Es geht um ein unter dem Strich recht offensichtliches Problem und man kann nicht darüber nachdenken, wenn man (wie Thomas) es nicht wahrhaben will und mit Wegen, wie es vermutlich nicht zu lösen ist, argumentiert: Wir machen unter dem Strich erfolgreich Wirtschaft und überall rauchen dabei die Infrastrukturen und die Grundlagen ab. In der Folge wenden sich immer mehr Menschen gegen das demokratietragende Establishment.
      Lobbypraxis hat damit nichts zu tun? Was dann?

      weils so gute und aktuell passt auch hier nochmal:
      https://www.zeit.de/po...

    19. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Wir machen unter dem Strich schon länger nicht mehr erfolgreich Wirtschaft. Das politische Establishment im Westen hat eine große Klappe und nichts dahinter. Es redet von einer Energiewende, die auf der chinesischen Wirtschaft basiert. Europa reguliert zukünftige AI die die in den USA entsteht und löst die aktuellem Aufgaben nicht. Wir sind unfähig die Ukraine erfolgreich in ihrem Kampf gegen einen Diktator zu unterstützen. Von unserem maroden Bildungssystem, den dysfunktionalen Bürokratien Bürokratien ganz zu schweigen. Das schiebt man dann "den Lobbyisten" zu, die unser armes politische Establishment fehlleiten und korrumpieren. So einfach ist die Welt. Und wundert sich dann, das sich das Volk abwendet. Wobei das Volk in diesem Kreislauf selbst involviert ist. Es glaubt ja, das soziales Manna vom Himmel der Politik, aus den Händen dieses das BIP verteilenden Establishments kommt und nicht aus anstrengender Tätigkeit der Vielen. Es geht um ein unter dem Strich recht komplexes Problem und man kann in der Tat nicht darüber nachdenken, wenn man es nicht in seiner Komplexität wahrhaben will ….

    20. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl und der DAX hat den nächsten Rekordstand.

    21. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Ist das nicht irre mit dem DAX?

    22. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl mir kommts vor, als ob das das Einzige ist, was noch funktioniert.
      Kann man ja mal drüber nachdenken.

    23. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan So wie 2001 in der Dotcom Blase? Ganz so schlimm ist es allerdings noch nicht. Aber damals hab ich zu spät verkauft ….😎

    24. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ...ja deine ganze Argumentation endet bei den Vielen, die sich nicht anstrengen wollen. Wir teilen einfach kein Weltbild.
      Von armem, fehlgeleitetem politischen Establishment war bei mir nie die Rede - das ist deine Kopfgeburt, dein hermetisches "Feindbild".

    25. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Na dann ist also Lobby gar nicht so schlimm, das Establishment denkt ja selber. Sehr gut.

      Nein meine Argumentation endet nicht bei den Vielen die sich anstrengen sondern, wenn überhaupt beginnt sie da. Aber eigentlich sehe ich die Volkswirtschaft als einen eben komplexen Kreislauf aus vernetzten Prozessen. Da ist zunächst die Wirtschaft in den verschiedenen Sektoren (Primär-, Sekundär- und Tertiärsektor), in denen zunächst all die Produkte, Dienstleistungen und Ressourcen entstehen, die verteilt werden können. Das heißt eben, man kann weder die Verteilung noch die Erzeugung separat sehen. Man muß auch zwischen Einkommen und Vermögenswerten unterscheiden, zwischen privatem und produktivem Konsum usw. usw. Alles zig mal durchdiskutiert und doch landen wir immer wieder bei Simplifizierungen von Arm und Reich, Kapitalismus und Neoliberalismus, Lobby etc. Frustrierend. Und wenn man dann auf historische Erfahrungen verweist kommt - unter dem Kommunismus machst Du es nicht. Na gut, wer aus der Geschichte nicht lernen will, der muß sie wohl noch mal ähnlich erleiden.

      Was heißt nicht anstrengen wollen. In keinem anderen Land wird so wenig gearbeitet wie in D. Und unheimlich viele scheinen sich überfordert zu fühlen und wollen weniger arbeiten - das bei sinkender Arbeitskräftezahl und zunehmender globaler Arbeitsteilung und Wettbewerb. In einer Klimaherausforderung. Verstehe ich ja, hab selber auch die Möglichkeit genutzt eher aufzuhören. Aber Weltbild hin oder her, dass kann nicht funktionieren. Das ist auch kein Feindbild (ich betrachte Andersdenkende grundsätzlich nicht als Feinde) sondern Erfahrung und gesunder Menschenverstand.

    26. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ...wir hatten das ja schon - für mich scheint es immer, dass du überall Kommunisten witterst (der McCarthy von piqd :)) und deshalb aus der Gegenwart nichts lernen willst.

      "Feindbild" hat nicht zwingend mit Feinden zu tun denke ich - jedenfalls benutze ich es, um dir vorzuwerfen, dass du "Container" baust in unseren Diskussionen. Und wie du Lutz schon vorgeschlagen hast, muss man versuchen genau zu bleiben und dem Gegenüber nicht immer Dinge im Denken zu unterstellen, weil sie im eigenen Denken so geframed sind (Leute die das denken, denken bestimmt auch das). Ist schwierig. Für mich auch.

    27. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Was Du da sagst ist glaube ich eine völlige Fehleinschätzung. Und der Vergleich mit McCarthy schon etwas beleidigend - trotz Smiley. Was mich antreibt ist eigentlich die Gegenwart besser zu verstehen. Und das geht letztendlich nur an der Spiegelung mit den Erfahrungen an der Geschichte, an dem Vergleich von theoretischen Konzepten mit der Wirklichkeit. Auch an der Einordnung der überschießenden Reaktion von McCarthy gegenüber Andersdenkenden - natürlich. Die Erfahrungen mit Kommunismus und Antikommunismus kann man doch nicht einfach in die Tonne kloppen. Da haben Milliarden Menschen gelebt und gelitten. Woher kommt dieses Desinteresse sich mit den Prozessen dort zu beschäftigen? War halt so ein Unfall der Geschichte? Das wollen wir natürlich nich noch mal und das reicht? Unsere Gegenwart ist ja so was von anders und wir sind viel besser als die damals?

      Meine "Methode" ist auch nicht, "Leute die das denken, denken bestimmt auch das". Sondern wie kommen sie zu diesem Satz, dieser Aussage? Wo ist der logische Zusammenhang, in welchen theoretischen Kontexten wird da gedacht? Was an historischem und aktuellem Wissen steht dahinter? Oder werden da die üblichen "Gewissheiten" verbreitet? Und bei letzteren bekommt man leider oft keine fundierte Antwort. Wir kommen viel zu selten zu tieferen, sachlichen inhaltlichen Auseinandersetzungen. Wir lernen daher zu wenig aus unseren Diskussionen. Tragisch …..

      Ich würde gern über idealistische Gruppen (wie etwa die Bolschewiki) reden, die mit ihren Utopien an der Macht in die Kathastrophe gelaufen sind. Und das mit aktuellen Bewegungen vergleichen. Die wahrscheinlich nicht ganz so dramatisch sind? Aber Selbstüberhebung, fehlende Skepsis gegenüber den eigenen Konzepten, Machtstreben, Feinddenken, das findet sich alles auch heute. Aber wie gesagt - da kommt dann - unter Kommunismus geht es wohl nicht?

    28. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Beleidigen wollte ich dich sicher nicht. Tut mir leid. War wirklich lustig gemeint, kämest du mir wirklich so vor, hätte ich den Witz nicht gemacht.

      Aber so ähnlich gehts mir halt auch, wenn du mit Bolschiwiki darherkommst, weil man eigentlich einfach nur einen solidarischeren Ansatz fordert oder argumentiert.

      Ich schreib dir noch ne mail dazu.

    29. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Das ist ja der Witz. Die Bolschewiki behaupteten auch einen solidarischen Ansatz. Ihn einfach daher zu fordern und etwas oberflächlich ohne Zweifel und historische Fehlschläge zu argumentieren, dass reicht (mir) nicht. Ich meine, man ist für seine Forderungen auch verantwortlich. Was heißen würde, sehr genau darüber nachzudenken, was warum schon mal schief gegangen ist und warum.

      Beleidigt bin ich nicht. Aber der McCarthy war nun wirklich eine der übelsten Figuren im Westen.

    30. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl sry...bin raus an der Stelle und finde dich (gerade) überheblich und hermetisch.

    31. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten
    32. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Ist es nicht auch ein solcher Mythos, in den USA gäbe es keine soziale Absicherung? Immerhin betragen die öffentlichen Sozialausgaben dort fast 23% des BIP. In D sind es zwar ein paar 5 mehr - knapp27 %. Aber keine Absicherung kann man das nicht nennen. Und nimmt man die gesamten Netto-Sozialausgaben (die berücksichtigen die öffentlichen und privaten Sozialausgaben und umfassen auch die Auswirkungen der direkten Steuern (Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge), der indirekten Verbrauchsteuern auf Geldleistungen sowie Steuervergünstigungen für soziale Zwecke), dann liegt die USA (29,4 %, 2019) sogar vor D (25 %).

      Die öffentlichen Pro-Kopf-Ausgaben sind in den USA auch vergleichbar hoch mit D. Allerdings ist das Gesundheitssystem dort wohl irrsinnig teuer.

      http://www.compareyour...

      https://www.oecd.org/b...

      Also auch hier, man muß sehr genau hinsehen, ob die (Vor)Urteile stimmen.

    33. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl ...ich sehe die nächste in ihrer Relevanz oder Aussage unklare Datenreihe, die den Handlungsbedarf in Frage stellt. Ich sehe diesen Handlungsbedarf, für mich ist er kein Vorurteil.

    34. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Eigentlich ist die Datenreihe nicht unklar.Und es geht nicht darum Handlungsbedarf in Frage zu stellen. Sondern darum wie man richtig handelt. Das geht nicht ohne Daten. Sonst beruht diese Handeln auf Vorurteilen - ob man will oder nicht.

    35. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl Vielleicht verstehe ich sie auch nur nicht... Steuervergünstigung für soziale Zwecke? Was soll das für ein Wert sein, wenn der Ausgangswert, nämlich die tatsächliche Steuerbelastung nicht berücksichtigt ist. Und die wieder im Verhältnis zu tatsächlichen Kosten. Du sagst ja selber "allerdings ist das Gesundheitssystem dort wohl irrsinnig teuer".

      Ich habe in den USA nach Qualität und Quantität unfassbares Elend gesehen und zusätzlich massenhafte Armut. Ist ja auch nicht so, dass das ein Geheimnis wäre. Was glaubst du - wählen Menschen Trump, weil (nur) 23% des BIP für Sozialausgaben draufgehen, oder weil sie einen Grund haben, unbedingt Veränderung zu wollen?

    36. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Ich bezweifele nicht, dass es in den USA viel Elend gibt. Die Frage ist nur, liegt das allein an zu wenig Umverteilung? Oder daran, das größere Teile des Volkes nicht befähigt worden sind und auch selbst nichts dazu fähig waren, sich in den Kreislauf des Wohlstandes ein zu reihen. Das das Sozialsystem dort ineffizient ist, das sieht man wohl. Das gilt aber auch für viele Länder mit höherer quantitativer Umverteilung. Es ist doch genau die Frage, löse ich das Problem mit mehr Geld für die Armen oder mit anderen Anreizen und Unterstützungen. Und dazu brauch ich Daten.

      Und die Wähler für Trump sind doch nicht vorrangig die Ärmsten, auch nicht die der AfD. Unbedingte Veränderungen wollen inzwischen sehr viele. Allerdings glauben zu viele, dass sich nur "die Politik" ändern muß. Die soll es für uns lösen. Das wird m.E. nicht funktionieren. Dazu sind die globalen Prozesse, der Veränderungsdruck zu gewaltig. Die ganze Gesellschaft, jeder einzelne wird sich ändern müssen. Da bin ich allerdings skeptisch ….

    37. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl USA jetzt gerade:
      Trump vor Biden bei den jungen Wähler'innen.
      Wirtschaftsdaten gut - Sozialsystem immer schlechter und weiter massiv abgebaut worden.

      https://www.zeit.de/po...

    38. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Dort steht, dass die Versprechungen für den Ausbau nicht eingehalten wurden. Das ist aber kein massiver Abbau. Die USA haben wie der Westen insgesamt ihre Wirtschaft grob vernachlässigt. Der nominelle Reichtum basiert auf einer Blasenökonomie.

      Und was soll man von einer geschichtsblinden Jugend in Amerika erwarten, die für ein freies Palästina auf die Strasse geht und die Einstellung der Unterstützung Israels fordert? Die eher Trump zuneigt? Die glaubt, dass "die Politik" das große Manna der Sozialhilfe über sie auskippen wird/kann? Was ist von einem Westen zu erwarten, der nicht in der Lage ist, die Ukraine mit Munition etc. zu versorgen? "Der Westen" verkackt es gerade wahrscheinlich …. Sehen wir das Morgengrauen der Diktatoren?

    39. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 12 Monaten

      @Thomas Wahl was soll man von einer Politik halten, die in einer Legislaturperiode fast 30% in der jungen Zielgruppe verliert. Über das warum steht auch was in dem Artikel. Über soziales Manna eher nicht.

    40. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 12 Monaten · bearbeitet vor 12 Monaten

      @Marcus von Jordan Da steht sehr wohl drin, wieviel 100 Mrd. Biden verteilen wollte an Sozialleistungen. Wer's glaubt …. Und wer Trump glaubt. Es steht dort nicht drin, warum Biden Stimmen verliert, sondern warum die Autorin u.a. glauben warum er verliert. Und das u.a. die Jugend an den Eliteuniversitäten aus sozialen innenpolitischen Gründen für Palästina stimmen, na ja. So blöd kann man eigentlich nicht sein. Scheint aber so.

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