Kanäle
Jetzt personalisiertes
Audiomagazin abonnieren
Log-in registrieren
forum verwendet Cookies und andere Analysewerkzeuge um den Dienst bereitzustellen und um dein Website-Erlebnis zu verbessern.

handverlesenswert

Kluge Köpfe filtern für dich relevante Beiträge aus dem Netz.
Entdecke handverlesene Artikel, Videos und Audios zu deinen Themen.

Du befindest dich im Kanal:

Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Warum wir einen neuen Egon Bahr brauchen

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergFreitag, 16.08.2024

Selbst viele in der SPD halten die alte Neue Ostpolitik, die mit Namen wie Willy Brandt und Egon Bahr verbunden ist, für überholt oder sogar für gescheitert.

Entschieden und überzeugend widerspricht Hans Kundnani, ein in Deutschland geborener britischer politischer Analyst, in einem augenöffnenden Artikel, der von Christine Hardung übersetzt worden ist.

Mehr als zehn Jahre lang habe ich die damals in Deutschland und in anderen westlichen Ländern vorherrschende Auffassung kritisiert, die wirtschaftliche Verflechtung mit China und Russland werde diese Länder entweder demokratisieren oder in „verantwortungsvolle Akteure“ der internationalen Ordnung verwandeln. ... Schon 2013 habe ich darauf hingewiesen, das Prinzip „Wandel durch Handel“ sei keine Fortführung, sondern ein Zerrbild der Ostpolitik.

Wie der Neoliberalismus, also der Markttotalitarismus, den Liberalismus ins Gegenteil dreht, so entstellte er auch die alte Ostpolitik.

Eine Ostpolitik wird heute dringender gebraucht als vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022. Bei allen Unterschieden zwischen damals und heute gleicht die derzeitige Lage in Europa dem Kalten Krieg stärker als in den zwei Jahrzehnten nach dessen Ende. Damit könnte die geschickte Strategie aus der Zeit des Kalten Krieges so relevant werden wie schon lange nicht mehr.

Gerade der Ansatz von Egon Bahr, den Willy Brandt eigenständig und in Diskussion mit dem großen Strategen übernahm und veränderte, ist heute - anders als gemeinhin geglaubt - aktuell.

Der erste Aspekt ist der paradoxe Gedanke, die Realität zu akzeptieren, um sie verändern zu können. Für Bahr war dies die Teilung Deutschlands. Er kam zu der Einsicht, dass die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik der beste Weg sei, um die Teilung zu überwinden. Er nannte das „innerdeutsches Judo“.

Der zweite Aspekt der Ostpolitik ist der Gedanke, in kleinen Schritten auf ein langfristiges Ziel hinzuarbeiten, das unerreichbar scheint.

Wer das nicht glaubt, vergegenwärtige sich die Lage im Jahr 1963 als Egon Bahr seine hier verlinkte Rede "Wandel durch Annäherung" hielt. Es war knapp zwei Jahre nach dem Mauerbau, nicht mal ein Jahr nach der Kubakrise, die die Welt so nah an einen Atomkrieg brachte wie nie zuvor und danach, in Vietnam tobte ein Krieg. Bald danach liefert die Sowjetunion den vietnamesischen Kommunisten Waffen, um gegen US-Truppen zu kämpfen.

Wer die Rede gelesen und verstanden hat, wird erkennen, wie hoch die Messlatte für eine vergleichbare Ansprache hängt.

Heute muss das Ziel – also das, was für Bahr die deutsche Wiedervereinigung war – Frieden mit Russland sein. Im Moment scheint dies so weit entfernt und unerreichbar wie die deutsche Wiedervereinigung in den frühen 1960er Jahren. Doch die Ostpolitik lehrt, auf der einen Seite die aktuelle Realität zu akzeptieren, ohne aber auf der anderen Seite das Ziel aus den Augen zu verlieren, was die außenpolitischen Eliten in Deutschland allem Anschein nach tun. Zudem sollte darüber nachgedacht werden, welche kleinen Schritte unternommen werden können, um dieses Ziel am Ende zu erreichen.


Gestern & Heute: Warum wir einen neuen Egon Bahr brauchen

Möchtest du kommentieren? Dann werde jetzt kostenlos Mitglied!

Kommentare 1
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 2 Monaten

    InteressanterArtikel. Ich verstehe nicht, warum eine friedliche Koexistenz mit Rußland unerreichbar erscheinen soll. Und auch nicht, wo genau deutsche Eliten das Ziel eines Friedens aus den Augen verloren haben sollen. Auch wenn der Weg, der Ukraine keine Waffen mehr zu liefern, schnelle Erfolge erzielen könnte. Einen solchen Frieden der Unterwerfung kann man eigentlich nicht wollen. Ansonsten scheinen mir die außenpolitischen Eliten hierzulande eher zerstritten. Das Ziel des Friedens mit Rußland aber hoffentlich nicht so weit entfernt wie die Deutsche Einheit 1963.

Bleib immer informiert! Hier gibt's den Kanal Zeit und Geschichte als Newsletter.

Abonnieren

Deine Hörempfehlungen
direkt aufs Handy!

Einfach die Hörempfehlungen unserer Kurator'innen als Feed in deinem Podcatcher abonnieren. Fertig ist das Ohrenglück!

Öffne deinen Podcast Feed in AntennaPod:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Downcast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Instacast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Podgrasp:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Bitte kopiere die URL und füge sie in deine
Podcast- oder RSS-APP ein.

Wenn du fertig bist,
kannst du das Fenster schließen.

Link wurde in die Zwischenablage kopiert.

Öffne deinen Podcast Feed in gpodder.net:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Pocket Casts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.