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Zeit und Geschichte

Ist ein moralischer Sozialismus die Antwort auf die Vielfachkrise?

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMittwoch, 31.07.2024

Die "neoliberale" Phase des Kapitalismus wird immer mehr als Marktfaschismus erkannt. Aber Gegenkräfte formieren sich.

Dazu mein letzter Pick.

Was aber sind menschenfreundliche Antworten? 

Ein moralischer Sozialismus - so die albanisch-britische Wissenschaftlerin und Autorin Lea Ypi.

Weder die Fußball-Europameisterschaft mit ihren Spielen und Verkehrsbehinderungen noch freundlicher Abendsonnenschein hielten das Großstadtpublikum vom Besuch der diesjährigen Walter Benjamin Lectures ab. 

So beginnen Jens Bisky und Karsten Malowitz ihren tiefgründigen Veranstaltungsbericht; streng genommen: Ein Essay.

Im Unterschied zu vielen anderen Vertreter:innen der Kritischen Theorie kennt Lea Ypi Sozialismus nicht allein als Wille und Vorstellung, sondern aus eigener Anschauung. 1979 im albanischen Tirana in eine einst wohlhabende und einflussreiche, aber von den Kommunisten unter Enver Hoxha während des Kalten Krieges verfolgte Familie geboren, hat sie die repressiven Seiten des real existierenden Sozialismus am eigenen Leibe erfahren. Mit dem Ende des Regimes in Albanien, als die Menschen nichts mehr hatten außer ihrer Hoffnung auf bessere Zeiten, lernte sie neben den Verheißungen des Liberalismus aber auch deren Enttäuschung kennen, als die Freiheitseuphorie schon nach wenigen Jahren infolge von Korruption und Kreditbetrug in bürgerkriegsähnlichen Unruhen unterging. Diese zweifache Erfahrung gebrochener Versprechen haben ihre Sicht auf die Welt geprägt.


Ypi konnte und kann nicht so unbefangen von Sozialismus reden, wie viele ihrer linken Freund:innen im Westen, die sich für die tatsächlichen Verhältnisse in den einst sozialistischen Ländern lange Zeit kaum interessierten. Doch will sie auch nicht ihren Frieden mit dem Kapitalismus machen, sich einordnen, auf eine Reform hier, eine Besserung dort warten. Auf diese biografische Situation antwortet ihr Konzept eines moralischen, eines sittlichen Sozialismus.

Aber hört und seht sie selbst; die erste Vorlesung gibt es im Hauptlink mit einer Einführung von Rahel Jaeggi. Hier gibt es die zweite und die dritte Vorlesung.

In der taz befragt Tobias Bachmann Lea Ypi, wo sie prägnant ihren Ansatz zusammenfasst:

In Albanien und den postkommunistischen Ländern ging die Unterdrückung vom Staat und der Partei aus. Das war eine vertikale Art von Unfreiheit. Die wurde in den 1990er Jahren durch eine horizontale Unfreiheit ersetzt, denn im Neoliberalismus ist das Leben der Menschen strukturell stark eingeschränkt.

Im zentralen Thema Migration schlussfolgert sie konsequent: 

Wenn Menschen Migration für ein Problem halten, dann müssen wir sie überzeugen, dass nicht jemand, der ihren Job bekommt, das Problem ist, sondern dass unser gesellschaftliches System nicht zulässt, dass sie und die anderen gleichzeitig gut leben können. Und dass es deshalb einen Systemwandel braucht.

Lea Ypi gehört zu den wenigen Stimmen, die sowohl den Terror des Sozialismus oder des fingierten Sozialismus ablehnen wie den des "Neoliberalismus", genauer: Marktfaschismus. Deshalb bekommt sie angesichts des aggressiven Russlands keine Nostalgie für die Sowjetunion, aber glaubt auch nicht, dass ein entschiedener Wandel auf neoliberaler Grundlage, auf der die EU aufgebaut ist, vonstattengehen kann.

Sie beharrt auf einem Systemwechsel. Letzter muss wohl noch vage bleiben. Wir bleiben dran.

Wer die Schriftstellerin Lea Ypi kennenlernen will, lese FREI - ERWACHSENWERDEN AM ENDE DER GESCHICHTE.

Ist ein moralischer Sozialismus die Antwort auf die Vielfachkrise?

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Kommentare 1
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 3 Monaten · bearbeitet vor 3 Monaten

    Das Interview besteht für mich aus einem Geklimpere mit abstrakten/allgemeinen Begriffen und Behauptungen. Ein philosophisches Glasperlenspiel. Sollte das wirklich das Ergebnis von langer Forschung sein und die Hoffnung der Linken? Wie will man damit konkret aus einer Vielfachkrise kommen? Das ist doch absurd ….

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