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Zeit und Geschichte

Gaza: Gedanken eines ehemaligen Soldaten und jetzigen Historikers

Dominik LennéSonntag, 18.08.2024

Dieser "Long Read" des Guardian hat es in sich. Omer Bartov, Veteran des Jom-Kippur-Krieges und Historiker, der ausgerechnet über die Indoktrinierung deutscher Soldaten im Krieg gegen die Sowjetunion promoviert hat, besucht Israel und wird mit dem Ärger junger jüdisch-israelischer Soldatinnen und Soldaten konfrontiert, die seine Warnungen, es gebe da Parallelen, als eine Form des Antisemitismus zurückweisen. 

Dabei springen einem diese Parallelen geradezu in die Augen, wenn etwa die Bewohner Gazas als Tiere bezeichnet werden:

“I don’t call them human animals because that would be insulting to animals.”
Benjamin Netanjahu

- und das ist nur ein Beispiel aus einer Fülle von Zitaten, die diese Art der Menschenverachtung dokumentieren.

Der 7. Oktober 2023 habe bei vielen jüdischen Israelis den Wunsch nach Sicherheit um wirklich jeden Preis und großes Misstrauen in jeglichen Versuch einer politischen Lösung hervorgerufen. Die Rückseite dieser Münze sei der Verlust jeglicher Empathie für die Bevölkerung von Gaza (, von der allerdings ein bedeutender Teil seine Befriedigung über die Verbrechen der Hamas geäußert hat, was den moralischen Knoten endgültig unauflösbar macht). Niemand protestiere mehr gegen die Kriegführung der IDF, der Israeli Defense Force, wie es etwa 1982 in Bezug auf das von Israel gedeckte Massaker in Sabra und Schatila geschehen war.

Das Massaker versetze auch gemäßigte, der Linken zugeneigte jüdische Israelis in einen Geisteszustand, den man mit dem Satz umschreiben kann: 

"Im Kampf zwischen Gerechtigkeit und Existenz gewinnt immer die Existenz."

Bartov sieht diese Haltung bereits in den Anfängen des Staates Israel. Er zitiert aus der berühmten Grabrede Mosche Dayans für einen von arabischen Flüchtlingen aus Gaza getöten Kibbuznik, im Jahr 1956, also sechs Jahre nach der Staatsgründung, sechs Jahre nach dem, was die palästinensischen Araber "Nakba" nennen. Diese Rede ist, meine ich, in der Klarheit, mit der sie die moralischen Verhältnisse beschreibt, unübertroffen und sie werde, schreibt Bartov, in Israel sowohl zur Verteidigung der Mäßigung als auch der Härte verwendet. Jeder, der auch nur am Rande an diesem Konflikt interessiert ist, sollte sie kennen. Der Kerngedanke ist (in meinen Worten): "Ja, es ist Unrecht, dass wir diese Menschen zu Flüchtlingen gemacht haben, aber wir haben keine andere Wahl, denn nur durch dieses Unrecht, nur durch kompromisslose Stärke, können wir diesen Staat als Rückversicherung gegen zukünftige Holocauste erlangen und in Existenz erhalten - und letztlich überhaupt am Leben bleiben. Unseren Staat aufzugeben ist keine Option." 

Im Verlauf des Textes erfahren wir Einiges über Bartovs persönliche Bezüge zu Israel, zu einem der vom Massaker betroffenen Kibbuzim und zu den Resonanzen der Spannung zwischen Mäßigung und Radikalität im jüdisch-israelischen Geistesleben. Die Gefühle und Ansichten der aufgebrachten Studenten, die alle Maßnahmen der IDF als gerechtfertigt und nachgerade human ansahen, sieht Bartov als sehr bedenkliche Verengung des Blicks und Verschiebung der Maßstäbe. 

This is the logic of endless violence, a logic that allows one to destroy entire populations and to feel totally justified in doing so. It is a logic of victimhood – we must kill them before they kill us, as they did before – and nothing empowers violence more than a righteous sense of victimhood.

Am Ende betrachtet Bartov das Schicksal des Zionismus. Was geschah mit den humanistischen Idealen der Unabhängigkeitserklärung? Er hob den Mord an Premierminister Rabin durch einen ultra-nationalistischen Extremisten hervor, der den Oslo-Friedensprozess de facto beendet habe. In dieser Zeit haben man von einem Staat für alle seine Bürger, Juden wie Araber, gesprochen. 

Kommentar

Die Frage ist, wie und wie weit wir in Deutschland zu einem lösungsorientierten Diskurs beitragen können. Die arabischen Palästinenser nahmen und nehmen die jüdischen Israelis als fremde Invasoren wahr, die sie zudem wieder und wieder demütigen, was bei ihnen einen tief in unserer menschlichen Natur verankerten Hassreflex auslöst. Wir haben in der Vergangenheit vielleicht zu wenig darauf geachtet, einerseits das fortgesetzte Wiederanfachen dieses Hasses in Gaza im Kontext unserer finanziellen Unterstützung zu verhindern, andererseits uns entschieden und wirksam gegen Auswüchse des Besatzungsregimes und der schleichenden Landnahme durch die Siedler zu wenden. 

In jedem Fall geht es darum, die Verkürzung des Gesprächs auf Parolen zu vermeiden. 

Gaza: Gedanken eines ehemaligen Soldaten und jetzigen Historikers

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