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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Ein neuer Krieg in den Schluchten des Kaukasus

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergFreitag, 23.10.2020

Es gibt einen brennenden Halbmond an den Rändern Europas, der sich in punktierter Linie von Nordafrika über den Nahen Osten bis in die Ukraine erstreckt. Nun gibt es einen neuen, alten Punkt auf dieser Linie – ein Krieg im Kaukasus.

Der Historiker und Kaukasus-Experte Philipp Ammon erläutert die Kämpfe in Berg-Karabach.

Warum gehörte in den Zeiten der UdSSR das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet zur aserbaidschanischen und nicht zur armenischen Sowjetrepublik?

Damit sollte der Kaukasus insgesamt fester an die Sowjetunion gebunden werden. Das Matrjoschka-Prinzip, in der jede Republik noch einmal in autonome Gebiete unterteilt wurde, sollte nationale Sezessionsbewegungen erschweren. Diese bewusste Verknäuelung diente dem Prinzip "Teile und herrsche".

Gut, das ist Geschichte. Warum aber wurde Berg-Karabach nach dem Zerfall des Imperiums nicht dem Nachfolgestaat Armenien, sondern Aserbaidschan zugeschlagen?

Die Armenier baten in Moskau um die Übergabe Bergkarabachs, was in Aserbaidschan natürlich nicht gut ankam. Es folgten die Pogrome in Sumgait 1988 und in Baku 1990 an der armenischen Minderheit. Auf der Gegenseite verübten Armenier 1992 in Chodschali ein Massaker an Aserbaidschanern. Seither sehen sich beide Völker als Todfeinde. Ohne Willen der Großmächte ist kein Frieden möglich.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs erläutert der Historiker Philipp Ammon Interessen und Positionen. Von Russland bis zur Türkei, von den USA bis zum Iran.

Wie eingefressen dieser Konflikt ist, sieht man nicht nur am Song der "Einstürzenden Neubauten" Nagorny Karabach – In der Enklave meines Herzens aus dem Jahr 2008, sondern an diesem langen Beitrag von Philippe Descamps aus Le Monde Diplomatique, der erstmals 2012 erschien, und immer noch erhellend ist.

Philipp Ammon hält eine stabile Lösung in absehbarer Zeit für unwahrscheinlich, aber er benennt sie:

Das beste Modell für den gesamten Kaukasus, nicht nur für Bergkarabach, wäre wohl eine Kantonslösung à la Schweiz, wonach jedes Sprachgebiet sich möglichst weit selbst verwaltet und der Kaukasus insgesamt eine Föderation bildet.

Solange solche Lösungen nicht möglich werden, brechen Konflikte nicht nur im Kaukasus auf, und werden, wie es so heißt, dann wieder eingefroren, bis sie wieder heiß und blutig werden.

Gestern & Heute: Ein neuer Krieg in den Schluchten des Kaukasus

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